Grüne: Schiff-Shuttle statt Stummel-U-Bahn

Ökopartei will Lehrter Bahnhof mit einer neuen S-Bahn-Linie in Nord-Süd-Richtung anbinden. Mini-U-Bahn abgelehnt

S-Bahn, Schiff und Rikscha statt Mini-U-Bahn. Wenn es nach den Grünen im Abgeordnetenhaus ginge, würde der Lehrter Bahnhof künftig mit einer Nord-Süd-S-Bahn statt mit einer Mini-U-Bahn an das Nahverkehrsnetz angebunden. „Wir dürfen nicht nur den Bundesrechnungshof zufrieden stellen, sondern brauchen eine sinnvolle Verkehrsanbindung“, sagte der Grünen-Verkehrsexperte Michael Cramer gestern. Dies leiste die so genannte Stummel-U-Bahn von Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) nicht.

Strieder hatte in dieser Woche eine Kurz-U-Bahn ins Gespräch gebracht, die vom Lehrter Bahnhof, dem künftigen Berliner Zentralbahnhof, zum Brandenburger Tor führen soll. Auf ihrem Weg hätte die kürzeste U-Bahn-Linie der Welt mit dem Bahnhof Reichstag nur einen Halt. Mit seinem Vorschlag will Strieder offenbar verhindern, dass Berlin bereits verbaute Mittel der so genannten Kanzlerbahn, die als U-5-Verlängerung vom Lehrter Bahnhof über das Brandenburger Tor zum Alex führen soll, an den Bund zurückzahlen muss. Dieses Vorhaben war vom rot-roten Senat aus Finanzgründen auf Eis gelegt worden, obwohl der Bund den überwiegenden Teil der Gesamtkosten übernehmen würde.

Der Vorschlag Strieders sei allenfalls ein „Placebo für den Bundesrechnungshof“, kritisiert der Grünen-Politiker Cramer. Rund 30 Millionen Euro müssten investiert werden, um die Strecke bestenfalls für Touristen attraktiv zu machen. Statt der Kurz-U-Bahn wollen die Grünen den Lehrter Bahnhof nun mit einer S-Bahn anbinden. Sie soll von Potsdam über Steglitz und Schöneberg wie die heutige S 1 fahren. Am Bahnhof Yorckstraße zweigt die neue Bahn von der bisherigen S-Bahn-Trasse ab und fährt auf den Gleisen der Fern- und Regionalbahn durch den Nord-Süd-Tunnel zum Lehrter Bahnhof. Nördlich des künftigen Hauptbahnhofs fährt diese Bahn auf den S-Bahn-Nordring Richtung Westen oder Richtung Wedding.

Diese Variante würde nach Cramers Schätzungen nur rund 5 Millionen Euro kosten, da nur die Einfädelung in den Nord-Süd-Tunnel zu finanzieren ist. Der Haken: Es müssten neu entwickelte S-Bahn-Züge angeschafft werden, die sowohl auf den S-Bahn-Trassen mit ihrer seitlichen Stromschiene als auch auf der Regionalbahntrasse mit Oberleitung fahren können. Cramer: „Technisch ist das überhaupt kein Problem, man muss nur wollen.“ Andere Städte wie etwa Saarbrücken hätten dies längst vorgemacht.

Nachteil dieser Variante wäre eine fehlende Direktverbindung vom Lehrter Bahnhof zum Reichstag; der Fußweg wird durch eine neue Fußgängerbrücke am Humboldthafen allerdings erheblich verkürzt. Für Fußkranke hält Cramer folgende Lösung bereit: Sie könnten eine Rikscha nehmen oder einen möglichen Schiff-Shuttle nutzen. Der Vorteil gegenüber der Kurz-U-Bahn: geringe Investitionskosten, weil die Wassertrasse bereits vorhanden ist. ROT