Irgendwie peinlich

Borussia Dortmund schlägt Austria Wien mit 1:0 und zieht in die zweite Runde des Uefa-Cups ein. So richtig Freude bricht darüber allerdings nicht aus. Dafür war das Spiel einfach zu schlecht

aus DortmundULRICH HESSE-LICHTENBERGER

Man kann über die Champions League geteilter Meinung sein und durchaus auf dem Standpunkt stehen, dass deren Betonung von Glamour, Geld und Gruppenspielen dem Europapokal seinen ursprünglichen Charakter genommen hat. Eines aber muss man ihr zugute halten: Sie verhindert Spiele wie das am Mittwochabend zwischen Borussia Dortmund und Austria Wien. An einem Tag, an dem bereits zwei Bundesligisten auf mehr oder minder verdrießliche Weise gleich in der ersten Runde des Uefa-Cups gescheitert waren, trösteten sich Zuschauer wie Medienvertreter im Westfalenstadion ausschließlich damit, dass der 1:0-Sieg des BVB wenigstens einen deutschen Klub ohne großes Nervenflattern im Wettbewerb gehalten hatte.

Das Spiel selbst bot hingegen keinerlei Anlass zu irgendeiner Gemütsregung. Die weit gereisten Wiener Fans entschlossen sich gar im Verlaufe der erlebnisarmen ersten Halbzeit, recht unvermittelt ihre Geografiekenntnisse anzubringen, indem sie das Heimpublikum als „Ruhrpott-Kanaken“ beschimpften, woraufhin die Südtribüne mit einem ebenso deplatzierten „Tod und Hass dem S 04“ antwortete.

Ja, es war diese Art von Abend. Selbst die unmittelbar Beteiligten schienen der Partie nichts Rechtes abgewinnen zu können. Der Dortmunder Sebastian Kehl ordnete danach einige Sekunden lang seine Gesichtszüge, als schwanke er zwischen Lächeln und Stirnrunzeln, entschied sich dann für höfliche Ausdruckslosigkeit und sagte: „Wir sind zwar weiter gekommen, aber in der Kabine herrschte keine Freude, weil wir nicht gut gespielt haben.“ Kurz zuvor hatte sich Borussen-Coach Matthias Sammer mit der Allzweckanalyse eines jeden siegreichen, aber unzufriedenen Trainers aus der Affäre gezogen: „Wir müssen die Partie schnell abhaken, regenerieren und am Samstag besser spielen, sonst reicht es nicht.“

So war das Dilemma also ganz offenkundig, und es betraf Aktive und Verantwortliche der Borussia genauso wie ihre Anhänger: In Dortmund ist man Champions-League-Dramen gewohnt und versteht unter internationalem Fußball Begegnungen mit Arsenal London oder Real Madrid. Partien gegen Klubs hingegen, die noch immer einen recht guten Namen tragen und viel Geld investieren, die aber dem BVB trotzdem weniger abverlangen als praktisch jeder Bundesligaverein, sind irgendwie – nun ja – peinlich.

Kein Wunder also, dass Austrias deutschem Trainer Joachim Löw betretenes Schweigen entgegenschlug, als er davon sprach, seine Elf habe „ein gutes Spiel gemacht“ und einen „großen Kampf gezeigt“. In Wahrheit hatte der Gast an diesem Abend nur ziemlich genau 300 Sekunden lang wenigstens angedeutet, dass er vielleicht sogar ein Tor schießen könnte. Diese gute Phase der Austria begann bezeichnenderweise in der 53. Minute mit der Einwechselung des schon bei vielen Vereinen im In- und Ausland ausgemusterten Sean Dundee. Und sie endete bereits in der 58. Minute mit einem gefährlichen Schuss des Norwegers Sigurd Rushfeldt, woraufhin es dabei blieb, dass Lars Rickens Treffer (17.) der einzige der Partie war. Den markierte der Dortmunder, dem noch niemand Sprungkraft nachgesagt hat, übrigens per Kopf – und auch das war bezeichnend.

Immerhin konnte der Gastgeber wieder auf die in den letzten Wochen verletzten Niclas Jensen, Jan Koller und, zumindest für die letzten 20 Minuten, Tomas Rosicky zurückgreifen. Richtig entspannt hat sich die Krankenlage beim BVB jedoch noch nicht: Christoph Metzelder ist auch sieben Monate nach seiner Achillessehnenoperation spielunfähig, und wer ihn am Mittwoch erblickte, muss das Schlimmste fürchten. Da trug er nämlich einen möglicherweise modischen Mantel, in dem er aber aussah wie Max Schreck als Untoter in Friedrich Murnaus altem Vampirstummfilm „Nosferatu“.

Und so bilanzierte Borussias Manager Michael Meier: „Man muss sagen, dass wir in der Situation, in der wir uns gerade befinden, mit all den Verletzten, das Glück haben, auf Gegner zu treffen, die nicht das Format haben.“ Doch merke: Wer kein Format hat, kann immer noch als Talisman taugen. „Letztes Jahr ist Austria gegen Porto ausgeschieden“, lächelte Meier. „Und die haben dann den Uefa-Cup gewonnen.“