Jesus liebt dich in der BVG

betr.: „BVG glaubt noch an Gott“, taz vom 18. 3. 09

Sehr geehrte Damen und Herren von der BVG, wie kommen Sie darauf, dass sich die BVG-Fahrgäste ausgerechnet an dem „Werbespruch“ „Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) keinen Gott“ stören sollten? Wie Sie sicher wissen, bedient sich Werbung oft vereinfachender Clichées und versucht die Betrachter emotional anzusprechen. Dass dabei häufig sexistische Darstellungen zum Einsatz kommen, wird Ihnen auch wohl bekannt sein. (Der aufreizende Gebrauch des weiblichen Körpers in der Werbung reduziert übrigens auch den adressierten Mann auf seine Sexualität.) Als störend empfinde ich auch verschiedene Werbemotive in der U-Bahn, die mich zum Gottesdienst oder zur Bibellektüre einladen („Jesus liebt dich!“). Aus diesen Gründen, aber auch weil Werbung in der Regel aus rein privat ökonomischen Interesse die öffentliche Landschaft verschandelt, wird Werbung nicht nur von mir immer wieder als störend empfunden: Wohin man auch blickt, man wird zum Objekt von Konsumrhetorik und Bekehrungsversuchen, und die BVG stellt dafür bereitwillig Busse und Bahnen zur Verfügung.

Wo ziehen Sie die Grenze zwischen einer Vergötterung des Marktes, der in der Werbung zum Ausdruck kommt, und anderen weltanschaulichen Fragen? Ich würde mich freuen, wenn Sie Ihren Kriterienkatalog offenlegen würden, sodass er unter den Fahrgästen diskutiert und korrigiert werden kann. In jedem Fall möchte ich aber darum bitten, nicht den Willen der Fahrgäste als Begründung für die Ablehnung bestimmter Werbekampagnen vorzuschieben, solange nicht belegt ist, worin dieser Wille besteht. Und schließlich: Sind sie schon einmal auf die Idee gekommen, dass man sich als Fahrgast nicht etwa wegen des Werbemotivs gestört fühlen könnte, sondern weil die mit Werbebotschaften zugeklebten Fenster die freie Sicht aus dem Bus einschränken? CHRISTOPH HAUG, Berlin