berliner szenen Das Alphabet der Stadt

B wie Britz

Dann kommt ein Anruf und bestellt mich nach Britz. Es wird Herbst. Britz hat, so weiß ich, einen urigen Altkern mit Schloss, drumherum einen Park und einen Ententeich, Britzer Kirchteich genannt. Da soll ich hin.

Ich steige Parchimer Allee aus, die ich in Richtung „Schloss Britz“ hinuntergehe. An den Seiten der dörflichen Allee schräge Wohnblocks, die wie versteinerte Hühnerställe aussehen. Irgendwann links ein Westverbrechen, ein klobiges Raumschiff, das als Imbiss und Kiosk fungiert. Gelangweilte Jugendliche zwischen Schule und Karatekurs. Wenigstens die Namen der Nebenstraßen klingen schön schrullig: Nach der Pfarrer-Behrens-Straße kommt die Onkel-Bräsig-Straße.

Kurz nach Spaltung der Parchimer Allee macht sich der Park breit. Ein Lustgarten, umrauscht vom Fern- und Nahverkehr der Fulhamer Allee (hinter diesem Namen muss ein Fußballfan aus der zuständigen Straßennamen-Vergabestelle stecken, oder wie kommt ein bedeutungsloses englisches Städtchen sonst zu der Ehre?). Gepflegter Rasen, Rosenbeete, entgegenwankende Betrunkene am frühen Nachmittag. Um die Ecke, in Alt-Britz: das Schloss. Na ja, eher ein Schlösschen. Leider hat es zu an dem Tag, die Kammermusikkonzerte finden ein andermal statt.

Der benachbarte Gutshof entpuppt sich als Schilderwald: Hundeverbot, Betriebsgelände, Rasenfläche nicht betreten, Tiere nicht füttern, Futterspenden bitte in die Futtertonne, Betreten bei Schnee und Glätte auf eigene Gefahr, Gutsgarten gesperrt (Fußgänger 100 m). Die meisten Schilder auch in türkischer Übersetzung. Ein letzter Blick auf ein abgemeldetes Auto, das mit dem Aufkleber „Bitte unverzüglich entfernen“ verziert ist, bevor ich mich unverzüglich nach Neukölln entferne. RENÉ HAMANN