Die schwierige Vermögensfrage

So genannte Sozialhilfebetrügereien werden oft nicht vorsätzlich, sondern aus Unkenntnis begangen

Wenn durch die Vernetzung von Behörden mehr „Sozialhilfebetrügereien“ entdeckt werden, stellt sich die Frage, inwieweit es nicht auch einfach Unkenntnis des Empfängers darüber ist, was er zusätzlich zur Sozialhilfe besitzen darf. Denn nicht immer ist das Sozialamt beratend für den Hilfesuchenden tätig – wie es laut Gesetz eigentlich verpflichtet ist.

Grundsätzlich gilt, dass Vermögen angegeben und im wesentlichen auch verwertet werden muss. Vermögen kann sowohl Bargeld wie auch Versicherungen, Bausparverträge und Immobilien oder Gegenstände von Wert wie Pkws sein. Allerdings ist zu prüfen, ob das Vermögen überhaupt verwertbar ist. Das ist beispielsweise nicht der Fall, wenn es sich um Lebensversicherungen handelt, die zur Sicherung eines Darlehens dienen oder um ein angemessenes, selbst bewohntes Eigenheim.

Auch wird dem Sozialhilfebedürftigen ein sogenanntes Schonvermögen gelassen. Bis zu einem festgelegten Betrag muss er sein Vermögen nicht ausgeben. In Hamburg beträgt dieses Schonvermögen für Haushaltsvorstände oder Alleinstehende 1279 Euro, Partnern steht ein zusätzlicher Betrag von 614 Euro und jedem Kind 256 Euro zu. Dieser Freibetrag erhöht sich auf 2301 Euro bei Haushaltsvorständen, wenn sie über 60 Jahre alt oder voll erwerbsgemindert sind.

Der Lebensstandard darf beibehalten werden

Hat der Sozialhilfebedürftige mehr als das Schonvermögen, wird er darauf verwiesen, den überschießenden Teil zunächst ausgeben zu müssen, ehe er staatliche Leistungen erhält. Allerdings muss er in dieser Zeit nicht im Rahmen des Sozialhilfesatzes leben, sondern er kann seinen bisherigen Lebensstandard beibehalten. Hier gilt, dass er das Geld ausgeben, aber nicht verprassen darf. Eine normale Reise kann man von seinem Vermögen noch machen, eine First-Class-Reise in die Südsee nicht.

Im Einzelfall kann es eine besondere Härte bedeuten, vom Bedürftigen die Verwertung von Vermögen zu verlangen. DiesesGeld muss dann nicht ausgegeben werden. Hierbei kann es sich um Vermögen handeln, das aus anrechnungsfreiem Einkommen gebildet wurde, beispielsweise Nachzahlungen einer Grundrente oder vom Sozialamt selbst.

Eine Immobilie, in der der Bedürftige wohnt, muss ihm belassen werden. Das Sozialamt darf die Verwertung nicht verlangen. Es muss im Übrigen auch die Kreditraten zahlen, wenn diese in dem Rahmen liegen, in dem die Miete für eine angemessene Wohnung auch läge. Angemessener Hausrat darf ebenfalls behalten werden, ebenso Gegenstände, die der Bedürftige für seine Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit braucht (z. B. Werkzeuge) oder die zur Befriedigung geistiger, wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht „Luxus“ ist. Es sind die bisherigen Lebensverhältnisse des Hilfesuchenden zu berücksichtigen, nach denen sich richtet, was angemessen ist.

Kompliziert ist es mit einem Pkw. Soweit es sich um eine Rostbeule handelt, die im Wert noch in den Schonbetrag hineinfällt, muss eine Verwertung nicht erfolgen. Allerdings muss begründet werden, dass und warum der Unterhalt des Pkws trotz Sozialhilfebezuges möglich ist. Wenn der Verkaufswert des Wagens die Vermögensfreigrenzen überschreitet, muss er verkauft und der übersteigende Betrag als verwertbares Vermögen eingesetzt werden. Allerdings nur, wenn der Wagen nicht aus beruflichen oder persönlichen Gründen wie einer körperlichen Behinderung gebraucht wird. Auch wenn jemand (behinderte) Kinder hat, die zum Arzt, zur Schule oder in eine stationäre Einrichtung gefahren werden müssen, braucht er sein Auto nicht zu verkaufen.

Schenkungen könnenrückgängig gemacht werden

Das Sozialamt kann verlangen, dass Schenkungen, die das Vermögen des Bedürftigen mindern, zurückgefordert werden. Diese Rückforderung ist für einen Zeitraum von 10 Jahren möglich. Ein nicht unter obige Voraussetzungen fallender Pkw kann also letztlich nicht erfolgreich „verschenkt“ werden.

Dies ist natürlich nur ein Überblick. Für weitere Einzelfragen ist es empfehlenswert, eine entsprechende Beratungsstelle zu kontakten. Auch ein Blick in den Sozialhilfeleid(t)faden hilft. Waltraut Braker

Die Autorin ist Rechtsanwältin in Hamburg