Knatsch beim Spielen

Das Treiben zwischen AStA-Büro und Studi-Rat: ein kleiner Streifzug durch die Bremer Uni-Politik

taz ■ Kaum einer kennt sie, kaum einer wählt sie: Uni-Politiker. Nur neun Prozent aller Bremer Studierenden haben im Juni an den Wahlen zum StudentInnenrat teilgenommen – das sind 1.500 von insgesamt 22.000 Immatrikulierten. „Das Image des AStA ist miserabel, und viele Studenten wissen überhaupt nicht, woran wir arbeiten“, sagt der AStA-Vorsitzende Tim Cordßen. Das will der alerte Politik-Student ändern, und er will seine müden Komilitonen in Zukunft besser über das Treiben zwischen AStA-Büro und Studi-Rat informieren.

Das höchste Gremium ist der StudentInnenrat, sozusagen das Parlament der Studierenden. Gewählt wird einmal im Jahr, immer im Sommer. Die Studierenden können für eine geschlossene Liste oder für eine Einzelperson stimmen. Jeder von ihnen – ob nun mit oder ohne Programm – kann für den StudentInnenrat kandidieren. Bei den letzten Wahlen im Juni 2003 gewann die Liste „AStA für alle“ (AfA) 13 der 25 Sitze im Studi-Rat und hat so die absolute Mehrheit. In der AfA-Liste engagieren sich Jusos, Grüne und parteilose Studenten. Je ein bis zwei Sitze haben linke Listen wie „Knatsch“, die Kritische Naturwissenschaftliste, die „Feministische Linke“ oder die „Radikale Linke“ ergattert. Diese linken Listen haben einen gemeinsamen Wahlkampf geführt und arbeiten eng zusammen. Insgesamt verfügen sie über zehn Sitze. Zum ersten Mal hat die liberale Hochschulgruppe zwei VertreterInnen im StudentInnenrat. Rechte Listen hingegen waren gar nicht erst zur Wahl angetreten.

Der StudentInnenrat diskutiert die grundsätzliche Richtung studentischer Politik, entscheidet, in welche Projekte Geld investiert wird und wählt den Allgemeinen StudentInnenausschuss, den AStA. Der ist die „Exekutive“ und soll die Beschlüsse des Studi-Rats umsetzen.

„Meine politisches Ziel? Eine befreite Gesellschaft“, sagt Niels Kalin von der Knatsch-Liste. Knatsch und die anderen linken Listen kritisieren, dass der AfA das Haushaltsgeld in Service- und Kulturprojekte stecke und darüber die politische Bildungsarbeit vernachlässige. „Da werden die Flure des AStA neu bepinselt und große Semesterpartys organisiert. Aber für AGs, die kritische Uniarbeit machen wollen, bleibt kaum Geld übrig“, sagt Kalin.

„Für die anderen linken Listen ist Realpolitik eben ein Schimpfwort. Wir sehen das anders und nehmen da Einfluss, wo wir können“, kanzelt Cordßen von der AfA-Liste die Kritik von links ab.

Er findet es wichtig, den Studierenden für ihr Geld etwas zu bieten – 9.50 Euro zahlt jeder Immatrikulierte im Semester für die Arbeit des StudentInnenrats. Geboten bekommt er dafür unter anderem den Transporter-Verleih des AStA, eine Fahrradwerkstatt, Sportangebote und einen Musikanlagen-Verleih. Die politische Arbeit werde darüber aber keinesfalls vernachlässigt, so Cordßen. Er meint: „Die Knatschis sind halt sauer, weil sie nicht mehr mitspielen dürfen.“ Wer Lust hat, sich ein eigenes Bild von den Diskussionen über Realpolitik und Service-Angebote zu machen: Die Sitzungen des StudentInnenrats sind öffentlich und finden einmal im Monat statt. Dorothea Siegle

Infos beim AStA unter ☎ 0421 / 218 - 2511