„Als Gegenleistung gibt‘s Planungssicherheit“

Frauen-Staatssekretärin Susanne Ahlers meint, in Berlin werde bei Frauenprojekten verhältnismäßig wenig gespart. Im Gegenzug für finanzielle Grausamkeiten soll es künftig mehr Mitbestimmung und feste Verträge geben

taz: Eine Million Euro Kürzung bei den Frauenprojekten sind ein ziemlicher Einschnitt. Wie will die Frauen-Staatssekretärin das vor den Wählerinnen von SPD und PDS rechtfertigen?

Susanne Ahlers: Das ist schwer zu rechtfertigen. Die Haushaltslage lässt es leider nicht zu, dass ein Bereich vom Sparen ausgenommen wird. Außerdem haben wir im Vergleich zu anderen Bundesländern einen Vorsprung, was die Ausstattung mit Frauenprojekten angeht. Vor dem Bundesverfassungsgericht müssen wir nachweisen, dass wir nicht mehr als andere ausgeben. Sonst haben wir keine Chance, dass die Notlage vom Gericht anerkannt wird.

Hat Berlin zu viele Frauenprojekte?

Meiner Meinung nach nicht.

Nordrhein-Westfalen will seine Frauenhäuser um 30 Prozent kürzen. Ist das Ihr Vorbild?

Auf keinen Fall. Im Verhältnis dazu streichen wir mit 10 bis 12 Prozent wenig.

Welche Projekte sollen gestrichen werden?

Das ist noch offen. Fest steht nur: 2004 werden 150.000 Euro eingespart. Das heißt: Jedes Projekt bekommt 1,08 Prozent weniger. Ab 2005 muss dann um 850.000 Euro reduziert werden, um auf die Million zu kommen. Das wird natürlich mit Einschnitten verbunden sein, dafür wollen wir den Projekten aber als Gegenleistung auch mehr Planungssicherheit geben und Strukturen, die den Frauenprojekten mehr Einfluss ermöglichen.

Noch einmal: Welche Projekte wird es treffen?

Es ist zu früh, um das zu entscheiden. Wir wollen das nicht nur am grünen Tisch tun, sondern in Kooperation, zumindest in Kommunikation mit allen Bereichen. Natürlich erwarten wir nicht, dass die Frauenprojekte selber sagen, welches Projekt geschlossen werden soll.

Überlegungen, im Antigewaltbereich, also bei den Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen, 400.000 Euro zu streichen, sind demnach vom Tisch?

Das waren erste Überlegungen. Wir haben vorgeschlagen, in allen drei Bereichen – also die Antigewalt-, Migrantinnen- und soziokulturellen Projekte – zu kürzen. Wir wollen damit eigentlich nur deutlich machen, dass wir alle drei Bereiche erhalten wollen. Die konkreten Summen müssen noch diskutiert werden.

Sind Sie der Meinung, dass die Frauenhäuser durch das Gewaltschutzgesetz überflüssig werden?

Wir werden leider immer weiter Frauenhäuser brauchen, weil sich die Gewalt nicht ändern und es immer Frauen geben wird, die sich nicht anders helfen können. Ich kann mir aber vorstellen, dass sich durch das Gewaltschutzgesetz die Anforderungen an Beratung verändern und es möglicherweise weniger Bedarf gibt, akut in einem Frauenhaus unterzukommen. Um das zu beurteilen, müssen wir aber genaue Erfahrungswerte abwarten.

Was verstehen Sie unter mehr Planungssicherheit für die Projekte?

Dass sie nicht jedes Jahr um ihre Finanzen zittern müssen, sondern Leistung und Gegenleistung in klaren Verträgen geregelt sind, die mehrere Jahre gelten. Wir sind von den Koalitionsfraktionen beauftragt worden, bis zum 30. Juni 2004 ein Modell, auch zur Schaffung von Mitbestimmungsgremien, zu entwickeln. Über die Form würde ich zuvor gern mit den Projekten diskutieren.

INTERVIEW: PLUTONIA PLARRE

Susanne Ahlers, 43, parteilos, ist seit November 2002 Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen. Zuvor war die gebürtige Niedersächsin kommunale Frauenbeauftragte in Wiesbaden.