Sachbündnisse statt Koalition

Bonns OB Bärbel Dieckmann (SPD) geht gestärkt aus der Wahl hervor. Im Rat wollen die Parteien mangels eindeutiger Mehrheiten projektbezogen zusammenarbeiten

Bonn taz ■ Als Bärbel Dieckmann gegen 20.30 Uhr ins Bonner Stadthaus kam, glich dies einem Triumphzug. Zu dem Zeitpunkt wusste die SPD-Kandidatin bereits von ihren 56,8 Prozent. Ihre Gegenkandidatin Pia Heckes (CDU) kam auf 31,1. Eine Stichwahl wie 1999 wird es also nicht geben. „Ich möchte kein Tempo aus meiner Politik herausnehmen“, sagte die alte und neue Oberbürgermeisterin.

Der SPD-Vorsitzende Ulrich Kelber sprach von einem „fulminanten Wahlsieg“ Dieckmanns und seiner Partei, die mit 29,6 Prozent in den Stadtrat einzieht (1999: 27,6). Ähnlich lobten sich die Vorsitzenden der Grünen, die um 5,9 Punkte auf 16,2 Prozent zulegten, der FDP (8,5 Prozent) und des Bürgerbunds Bonn (4,8).

Etwas schwer mit der Wahlkommentierung tat sich die CDU, die auf 38 Prozent kam. Unter grellem Scheinwerferlicht in einem Nebenraum, fern von allen Wählern, bemühten sich Dieckmanns Herausfordererin Pia Heckes und der Fraktionsvorsitzende Benedikt Hauser, einen 13-Prozentpunkte-Verlust schönzureden. Hauser sagte, die 38 Prozent seien respektabel, man sei stärkste Partei. Heckes erklärte mit betrübtem Gesichtsausdruck, ihr Wahlkampf habe sich angesichts des Ergebnisses gelohnt. Als Hauser ansetzte, das Abschneiden seiner Partei in ganz NRW zu analysieren, verließen die Journalisten schlagartig den Raum und ließen die Parteispitze etwas verdutzt zurück. Dafür habe man jetzt keine Zeit, rief ein Kollege aus dem Flur entschuldigend zurück.

Für Überraschung sorgten in Bonn zwei Direktmandate. Grünen-Kandidatin Coletta Manemann gewann den Wahlkreis Innere Nordstadt mit 36,5 Prozent. Joachim Stamp von der FDP zog mit 43,3 Prozent für Röttgen/Ückesdorf in den Rat ein. Aus dem Publikum spottete jemand, das verdanke der Kandidat seinen Schildern. Stamp hatte vergangene Woche in Röttgen medienwirksam Hinweisschilder zu Kirchen und dem Sportplatz aufstellen lassen, um den Versäumnissen der Verwaltung entgegenzuwirken.

Das Wahlergebnis lässt offen, wer künftig den Rat dominieren wird. Wegen der Verluste der CDU haben weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb eine Mehrheit. Ein Bündnis aus CDU und Grünen ist in Bonn offenbar keine Option. Statt Koalitionen soll es daher eine projektbezogene Zusammenarbeit im Rat geben. Dies erklärten die Vertreter aller Parteien, die den Rat der Stadt Bonn stellen. Die Spitzen von CDU und SPD wollen bereits Anfang dieser Woche mit allen demokratischen Parteien sprechen. „Wir werden offen und mit Minimalanforderungen in diese Gespräche gehen“, kommentierte dies OB Dieckmann. Sie möchte weiterhin einen Schwerpunkt auf Bildung und Kinderbetreuung sowie den Ausbau des internationalen Kongresszentrums setzen. Auch der Bahnhofsvorplatz werde ein Thema bleiben.

Heinz Schott, OB-Kandidat des Bürgerbundes, hofft aufgrund der zu erwartenden wechselnden Mehrheiten auf sachliche Auseinandersetzungen. Er kündigte bereits an, wegen des umstrittenen Bahnhofsvorplatzes weiterhin Druck zu machen. Sollte der neue Stadtrat das bereits vor der Wahl eingereichte Bürgerbegehren nicht akzeptieren, werde es erstmals in der Geschichte Bonns einen Bürgerentscheid geben. Boris Hänßler