Schass in Regierung

Israels designierter Premier Netanjahu hat noch keine Mehrheit. Jetzt muss sich die Arbeitspartei entscheiden

JERUSALEM taz ■ Nur mühsam kommt Israels designierter Premierminister Benjamin Netanjahu seinem Ziel näher. In der Nacht zu Montag entschied sich die orientalisch-orthodoxe Schass für eine Regierungsbeteiligung. Sie ist damit der zweite Partner des Likud, nachdem der ultranationale Avigdor Lieberman (Israel Beteinu) bereits eine Koalitionsvereinbarung unterzeichnete.

Die drei Parteien erreichen zusammen 53 Mandate und damit noch nicht die nötige Mehrheit der insgesamt 120 Parlamentarier. Nach der am Wochenende beantragten Verlängerung für die Regierungsbildung bleiben Netanjahu zehn Tage bis zum Ablauf seiner Frist.

Die Ultraorthodoxen stehen in Wartehaltung. Möglich ist noch immer ein Beitritt der Arbeitspartei.

Vorläufig hat der Likud-Chef zwei Partner, die kaum kompatibel sind. Lieberman von der weltlichen Israel Beteinu lockte seine Wähler mit dem Versprechen, Eheschließungen für Nichtjuden zu ermöglichen. Personenrechte unterstehen einem orthodoxen Monopol. Die religiösen Parteien lassen sich auf den Kompromiss ein, zivile Eheschließungen zu akzeptieren, bei denen beide Partner keine Juden sind. Mischehen lehnen sie strikt ab.

Netanjahu unternahm gestern einen letzten Kraftakt, um doch noch die Arbeitspartei für die Koalition zu gewinnen. Die Sozialdemokraten würden ihm größere Handlungsfreiheit gegenüber den rechten Partnern geben. Die kommende Regierungsperiode wird ein Balanceakt für den künftigen Premier. In Washington wächst bereits der Unmut über den fortgesetzten Häuserabriss in Ostjerusalem.

Bevor er der Koalition Netanjahus beitreten kann, braucht Ehud Barak, Chef der Arbeitspartei, eine Mehrheit der Genossen. Eine Gruppe von „Rebellen“ gegen den Parteichef hatte in einem Brief an Netanjahu gegen die Koalitionsverhandlungen protestiert. Der Zentralrat soll am Dienstag zusammenkommen. Befürworter und Gegner einer Koalitionsbeteiligung in der Arbeitspartei treffen sich nicht zum ersten Mal.

Nach der Wahlniederlage 2001 rief der damalige Parteichef Schimon Peres die Genossen zum Eintritt in die Regierung von Exministerpräsident Ariel Scharon auf. Parteiinterne Kritiker warnten damals, dass die Bewegung ihr politisches Gesicht verlieren könnte, wenn sie einer Regierung der Nationalen Einheit zustimmt.

Die peinliche Wahlschlappe im Februar, als die Arbeitspartei mit ganzen 13 Mandaten auf Platz vier abrutschte, zeigte, dass sie recht behielten.

SUSANNE KNAUL