berliner szenen Country im King Kong

Die Alpen in Mitte

Freitagabend: Im Rio legt DJ Hell auf; in der ehemaligen Baustelle, jetzt King Kong Klub, gibt es Country. Da fällt die Wahl nicht leicht. Die Baustelle, prima im neuen Bermuda-Dreieck um die Ecke vom Bergstüb’l und dem Sportlertreff Magnet gelegen, ist schwer unterbesucht, und auch das Konzept „Band in Kneipe“ kündet meist von Verzweiflung.

In der Mitte des Raums stützen zwei schwere, merkwürdig platzierte Pfeiler die Decke. Rechts neben dem Eingang stellt eine Kreidezeichnung eine moderne Stadt dar, links zeigen Dias Menschen in einer Alpenlandschaft. Auf den Ledersofas hocken dunkel bleibende Gestalten; insgesamt ist der Altersdurchschnitt dem Anlass entsprechend. Country also, Pferdemusik. Muss Country aus den Südstaaten kommen? Den Alpendias nach nicht. Dem Flyer nach auch nicht. Die Musik am heutigen Abend ist schottisch-französischen Ursprungs. Von den vier Herren, die auf der Bühne sitzen, ist der mit der Mütze vermutlich der Franzose, ansonsten sprechen und singen „2$ Bash“ ein verdächtig nach Texas klingendes Englisch.

Ein weißhaariger, älterer Mann vor der Bühne wird nach einigen Stücken gefragt, ob alles gut klingt. Der Weißhaarige bestellt sich nach einer Bloody Mary noch zwei Irish Coffee. Country ist eine merkwürdige Welt: Menschen leben ihre Kauzigkeit aus, die Frauen tragen unmögliche Rock-Stiefel-Kombinationen, die Herren alberne Hüte und franselige Jacken. Nach einer Weile wendet man sich den Schalen mit den Erdnussflips zu und ärgert sich: Der Laden hätte einen anderen Kontext verdient. Denn eigentlich hat er ein Ambiente, das fehlt in Mitte, eine Mischung aus Gemütlichkeit und Stehkneipe, Szene und Schick. Der King Kong Klub. Bitte nicht KKK abkürzen. RENÉ HAMANN