CDU schwankt zur Mehrheit

Die Kölner CDU ist sich uneins, ob sie mit der SPD koalieren oder sich mit den Grünen von FDP oder Bürger Bündnis tolerieren lassen soll. Arbeitgeber und DGB basteln an einer gemeinsamen Position

Von Frank Überall

Selten sieht man Kölns Wirtschaftslobby im engen Schulterschluss mit den Gewerkschaften. Nach der Kommunalwahl jedoch eint diese Vereinigungen offenbar die Sorge um die Zukunft der Stadt. In einem persönlichen Brief an die neu gewählten Mitglieder des Stadtrates wollten Industrie- und Handelskammer (IHK), Arbeitgeberverband und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) die Suche nach „stabilen Mehrheiten“ in der Stadtpolitik fordern.

Weil das aber als Einsatz für eine Große Koalition ausgelegt werden könnte, wurde der Wortlaut des Briefes mehrfach wieder verändert. „Diese Aufforderung geht zurück auf Gespräche, die wir bereits vor der Kommunalwahl geführt haben“, erläuterte Kölns DGB-Chef Wolfgang Uellenberg-van Dawen gegenüber der taz: „Wir müssen alle Kräfte bündeln, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.“ Dazu gehöre auch eine aktive Politik zur Haushaltskonsolidierung und zum Standort-Marketing. „Jetzt darf es nicht vornehmlich um Pöstchen und taktische Spielchen gehen, jetzt muss anständige Politik gemacht werden“, so Uellenberg.

Im Rathaus wird jetzt kräftig über die künftige Stadtregierung verhandelt. Bei einer CDU-Vorstandssitzung gab es Scheu vor einem allzu schnellen Zusammengehen mit der SPD. Zunächst solle auch ausgelotet werden, ob zum Beispiel eine schwarz-grüne Koalition trotz Verlust einer eigenen Mehrheit weitermachen könnte. Denn zusammen haben CDU und Grüne 44 Sitze im Stadtrat. Weil OB Schramma als CDU-Mann mitgezählt wird, fehlt Schwarz-Grün exakt eine Stimme zur Mehrheit. Der Schlüssel dafür könnte eine Tolerierung durch die FDP sein. Das aber sehen die Grünen äußerst skeptisch. Als zweite Option wird ebenfalls eine Tolerierung, diesmal durch das Kölner Bürger Bündnis, ins Gespräch gebracht. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Barbara Moritz hatte aber gesagt, dass eine solche Abhängigkeit von kleineren Gruppen problematisch wäre und die Koalition „erpressbar“ machen würde.

In der Union ist unterdessen ein offener Streit zwischen Oberbürgermeister Schramma und dem ehemaligen Parteivorsitzenden Richard Blömer ausgebrochen. Schramma fordert Blömer auf, sich aus der Stadtpolitik heraus zu halten. Blömer will von Schramma, dass der sich „auf seine Verwaltung konzentriert, da hat er genug zu tun, und seine Finger aus der Partei heraus hält“.

Zoff löste Schramma auch mit seiner Aussage aus, dass die Konsultationen der CDU mit den Grünen eine Art „Scheidungsgespräch“ seien. Denn die Union wollte sich ja gerade mehrere Wege offen halten – auch, um bei den Koalitionsverhandlungen ein Drohpotenzial aufbauen zu können, um nicht zu viele inhaltliche Positionen und Pöstchen aufgeben zu müssen.

CDU-Parteichef Walter Reinarz versuchte dagegen verzweifelt, demonstrative Einigkeit vorzuführen. Vor der Presse stellte er Herbert Gey als neuen Fraktionsvorsitzenden der Union im Stadtrat und Lothar Theodor Lemper als dessen Stellvertreter vor. Man werde nun mit „allen möglichen potenziellen Partnern“ Gespräche aufnehmen, betonte Reinarz. Auf eine Große Koalition wollte er sich auch auf mehrfache Nachfrage nicht festlegen. Das hatte zu diesem Zeitpunkt aber längst OB Schramma gemacht. „Da scheint Einiges nicht abgesprochen gewesen zu sein“, hieß es später aus CDU-Kreisen: „Wir müssen auch mal über die Rolle von Schramma in der Partei sprechen.“