Front gegen Dräger-Schüsse

Gemeinsamer Auftritt von SPD und Uni-Präsident: Hochschulautonomie werde in Hamburg „mit Füßen getreten“. CDU-Senat vereinbart Fächeraufteilung mit Kiel

In einer Pressekonferenz der SPD-Fraktion hat Uni-Chef Jürgen Lüthje gestern die Hochschulpolitik von Wissenschaftssenator Jörg Dräger kritisiert. Anlass für den Tadel ist die von Dräger beim Hochschulinformationssystem (HIS) bestellte Uni-Bedarfsstudie, die einen Kahlschlag der Geisteswissenschaften prognostiziert. Während die SPD dem Parteilosen „Schnellschüsse“ vorwarf, mahnte Lüthje, Struktur- und Personalplanung sei Sache der Uni. Die zeitgleich zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein vereinbarte Aufteilung von Studiengängen wertete Lüthje wie die SPD als Angriff auf die Hochschulautonomie.

Wie der CDU-Senat mit der rot-grünen Regierung in Kiel per Staatsvertrag ausmachte, soll Hamburgs Uni die Skandinavistik und die Vor- und Frühgeschichte sowie die Pastorenausbildung aufgeben. Diese Angebote gibt es künftig allein in Kiel. Dort werden im Gegenzug die Slawistik und die Archäologie geschlossen. Ziel der Aufteilung, so die Vertragspartner, sei ein „effektiverer Einsatz von Ressourcen“, sprich Geld zu sparen.

Die Verlagerung der Pastorenausbildung erkenne die Uni nicht an, sagte Lüthje. Zwar könne man über einen Schwerpunkt Skandinavistik in Kiel reden. Die Politik dürfe darüber aber nicht ohne die Uni entscheiden und könne „nur Anregungen“ für Kooperationen geben. Dass die Fächer jetzt trotzdem aufgeteilt wurden, sah SPD-Fraktionschef Michael Neuman „als weiteren Beweis dafür, dass die Hochschulautonomie in Hamburg mit Füßen getreten wird“.

Dass die Autonomie-Parole von Senator Dräger „zur Farce verkommen ist“, beweise auch dessen Umgang mit der HIS-Bedarfsstudie. Sie beruht auf einem prognostizierten Absolventenbedarf für 2012. „Dieser planwirtschaftliche Ansatz ist grundfalsch“, so der SPD-Oppositionsführer, „niemand weiß, wie viele Menschen wo 2012 gebraucht werden.“ Neumann warnte zugleich vor einem akademischen Bildungsangebot, das nur auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes ausgerichtet ist: „Eine Akkordproduktion von Fachidioten darf nicht Ziel einer Uni im 21. Jahrhundert sein.“ EVA WEIKERT

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