Hier hast‘n Taler, kauf dir Farbe dazu

Jens Eckhoff (CDU) hätschelt Hausbesitzer: Der Bausenator will ihnen Geld für die Graffiti-Beseitigung zustecken. SPD und Grüne stört das Programm: Vor allem die Innenstadt komme in den Genuss, das Problem wird nicht bei den Wurzeln gepackt

Bremen taz ■ „Unser Dorf soll schöner werden“ ist offenbar das neue Leitbild von Jens Eckhoff (CDU): Der Bausenator will Hausbesitzern Geld dafür geben, wenn diese Graffiti entfernen oder die Immobilien so präparieren, dass das Sprayen verhindert wird – beispielsweise durch Bepflanzung oder Schutzanstriche. 50.000 Euro aus Mitteln der „Leitstelle Saubere Stadt“ sind für das Programm vorgesehen, 150 Euro gibt es minimal, maximal sind 4.000 Euro pro Grundstück im Jahr möglich. Geld wird nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ vergeben. Besonders große Chancen haben laut Kriterienkatalog Antragsteller, deren Haus sich in der Fußgängerzone befindet oder von Touristen passiert wird. „Priorität 1“ haben außerdem solche Graffiti, die weder als Zeichnung noch als Kunstwerk durchgehen, ausländerfeindliche Parolen zum Inhalt haben oder in anderer Weise Angst auslösend sind.

Ein Programm gemacht für die Innenstadt und zu Teilen für das Viertel, schimpft der SPD-Umweltpolitiker Joachim Schuster. „Wenn man es ganz böswillig betrachtet, wird da Kaufhäusern Geld gegeben, weil diese das sonst nicht wegmachen würden.“ Er will das Programm, das bereits 2003 hätte starten sollen, am Donnerstag in der Umweltdeputation verhindern. Erfahrungsgemäß müsse eine Graffito-beschmierte Stelle im Durchschnitt sieben Mal gesäubert werden, bis ein Sprayer seine Duftmarke woanders setzt, so Schuster. Er wundert sich darüber, dass überhaupt Geld da ist für derartige Stadtverschönerungsmaßnahmen – „bei dieser extremen Haushaltsnotlage“. Genauso sieht es seine Grünen-Kollegin Karin Mathes. Sie fragt sich, wo die Grenze zu ziehen ist. „Da könnte man ja auch von Autoabgasen beschmutzte Wände mit öffentlichen Geldern reinigen lassen.“

Den Bausenator, beziehungsweise seine Fachleute, ficht die Kritik nicht an. „Wenn das Ressort das für richtig hält, hält das Ressort das für richtig“, erklärt dessen Sprecher. Die Förderung solle ein Anreiz sein, Graffiti zu entfernen. Schriftlich heißt es: „Für das Erscheinungsbild der Stadt ist der Farbvandalismus an privaten Gebäuden ebenso negativ zu bewerten wie derjenige an öffentlichen Gebäuden.“

Den SPD-Politiker Schuster kann das nicht besänftigen. „Da werden doch Symptome statt Ursachen bekämpft.“ Das Problem müsse ordnungspolitisch gelöst werden. Dazu allerdings müsste das Strafrecht geändert werden. Die Straftat Sachbeschädigung gelte nur dann, wenn es etwa beim Entfernen der Schmiererei zu einer Substanzverletzung komme, erklärt der Sprecher des Innensenators. Deshalb gebe es bei der Polizei Bremen die dreiköpfige Ermittlungsgruppe „Farbvandalismus“ sowie auf Bundesebene seit Jahren Gesetzesinitiativen, den Straftatbestand der Sachbeschädigung um den Begriff des Verunstaltens zu erweitern. Schadensersatzforderungen des Eigentümers auf zivilrechtlicher Ebene laufen häufig ins Leere, da die meist jugendlichen Täter kein Geld haben. In Bremen wurde im Jahr 2003 in 767 Fällen wegen Farbvandalismus ermittelt. In Bremerhaven waren es im gleichen Zeitraum 835 Fälle. Die Polizei versucht über Gespräche in Schulen auch präventiv vorzugehen. Das Problem sei nicht allein ein verletztes Schönheitsempfinden, sondern vor allem ein „beeinträchtigtes Sicherheitsgefühl“.

Eiken Bruhn