Kriegt Brandenburg einen Rüstungsminister?

CDU-Landeschef und Exgeneral Jörg Schönbohm werden Ambitionen auf das Amt des Wirtschaftsministers nachgesagt. Offiziell will man bei den Koalitionsverhandlungen erst zum Schluss über Personen reden

Einen Regierungswechsel wird es in Brandenburg nicht geben. Ein anderer Wechsel ist dagegen nicht mehr auszuschließen. Einen Tag nach dem Beginn der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU pfeifen es die Potsdamer Spatzen von den Dächern: Jörg Schönbohm würde gerne Wirtschaftsminister werden.

Ein Exgeneral als Innenminister, das war immerhin logisch. Was aber will der CDU-Landeschef mit dem Wirtschaftsressort? Sollen in Brandenburg künftig neue Rüstungsfabriken entstehen, womöglich ein richtiger märkischer militärisch-industrieller Komplex?

Nichts von alldem, hieß es gestern in Insiderkreisen. Es sei nur so, dass die wesentlichen innenpolitischen Grundsatzentscheidungen gefallen seien. Im Laufe seiner Amtszeit, heißt es im Innenministerium, habe Schönbohm jedem Polizisten schon fünfmal die Hand geschüttelt. Da wäre ein Superministerium – Wirtschaft vielleicht plus Arbeit – gerade das Richtige. Eine Art märkischer Wolfgang Clement, nur mit dem andern Parteibuch.

An anderer Stelle dagegen wird bereits wieder zurückgerudert. Bestehe die CDU auf dem Wirtschaftsressort, heißt es in der SPD, werde man selbst das Bildungsministerium behalten. Steffen Reiche wird es mit Erleichterung zur Kenntnis genommen haben, galt er doch plötzlich nicht mehr als gesetzt. Nach dem hemdsärmligen Wahlkampf von Matthias Platzeck war es in der SPD wichtig geworden, wer seinen Wahlkreis gewonnen hat, und wer nicht. Reiche hat nicht. Zugute kommt ihm nun allerdings, dass die SPD-Basis das Thema Bildung nicht aus der Hand geben möchte. Offiziell heißt es zwar, dass bei den bis zum 8. Oktober angesetzten Koalitionsverhandlungen zuerst über Themen und dann erst über Ressorts und Personen gesprochen werden soll. Doch oft ist das eine vom andern nicht zu trennen. Weil Kulturministerin Johanna Wanka in der CDU gesetzt ist, wird es wohl zu keiner Zusammenlegung zwischen Kultur und Wissenschaft einerseits und Bildung, Jugend und Sport andererseits kommen. Eine Verringerung der neun Ministerien, wie von der CDU gefordert, würde damit an der CDU selbst scheitern.

Mit der Wahl ihres neuen Fraktionsvorsitzenden will sich die CDU ebenfalls Zeit lassen. Schließlich weiß man noch nicht, welcher aus einem Ministeramt Geschiedene damit entschädigt werden soll. Heißer Favorit ist Noch-Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns.

Die SPD dagegen hat gestern Abend, wie bereits angekündigt, ihren bisherigen Arbeits- und Sozialminister Günter Baaske zum neuen Fraktionschef gewählt. Der Platzeck-Vertraute Baaske soll die Fraktion zu einer schlagfertigen Truppe machen. Wer dagegen möglicher Kandidat der SPD fürs Innenressort werden könnte, pfiffen die Potsdamer Spatzen noch nicht von den Dächern.

Überhaupt könnte – von einem Rüstungsminister Schönbohm einmal abgesehen – vieles in Brandenburg beim Alten bleiben. Wanka, Reiche, Birthler, Richstein, Szymanski. Nicht nur die PDS, inzwischen zweitstärkste Kraft, wird sich deshalb fragen, ob es da zwischen Havel- und Oderland überhaupt Wahlen gegeben hat. UWE RADA