neuer sportskandal
: Die kalifornische Dopingfirma

Hört sich zunächst ganz harmlos an, sind ja auch nur drei Buchstaben: THG. In voller Länge aber klingt’s schon gleich bedrohlicher: Tetrahydrogestrinone. Ein Teufelszeug, das bis Ende letzter Woche kaum öffentlich bekannt war.

Mittlerweile aber steht THG für ein neues Designersteroid, das sich besonders bei US-amerikanischen Sportbetrügern größter Beliebtheit erfreut – und damit als Synonym für einen Dopingskandal größten Ausmaßes. Terry Madden jedenfalls, Chef der amerikanischen Antidopingagentur USADA, gibt vor, keinen Dopingfall zu kennen, „in den mehr Athleten verwickelt waren als in diesen“ – auch wenn derzeit noch offen ist, wer alles mit dem neuen Stoff betrogen hat.

Festzustehen scheint hingegen, dass der Sportbetrug mit THG in eine neue, noch kriminellere Dimension vorgestoßen ist. „Es sieht so aus“, formuliert das Prof. Klaus Müller, der Leiter des Instituts für Dopinganalytik in Kreischa, „als ob erstmals ein Mittel speziell zur verbotenen Leistungssteigerung im Sport entwickelt worden ist“.

Bisher waren es in erster Linie als Medikamente und somit zum Wohl von Kranken entwickelte Präparate, die von Sportlern als Dopingstoff missbraucht wurden. THG aber, so jedenfalls hat es bisher den Anschein, wurde in der Giftküche des Nahrungsergänzungsmittel-Herstellers Balco im nordkalifornischen Burlingame zusammengebraut – und zwar von Anfang an ausschließlich für den Betrug bestimmt.

Das ist die bedrohliche Seite dieses Skandals, dessen Ausmaß derzeit unüberblickbar scheint, schon weil Namen (noch) fehlen. Positiv ist, dass und wie man den Kriminellen auf die Spur kam: durch einen anonymen Hinweis eines angeblich profilierten US-Leichtathletiktrainers, der sich Anfang Juni bei der USADA meldete – und eine gebrauchte Spritze mit THG-Spuren gleich mitgeschickt hatte.

Durch diesen Hinweis konnten sich die Dopinganalytiker ans Werk machen, überhaupt eine Nachweismethode für den bislang unbekannten Stoff zu finden. Dass dies nun, in nur vier Monaten, gelungen ist, darf getrost als Erfolg für die Dopinganalytik gewertet werden. Und es ist ein Zeichen, dass sie den Betrügern mittlerweile doch dicht auf den Fersen ist. Selbst denen, die mit bisher unbekannten Stoffen dopen, droht die Gefahr, erwischt zu werden.FRANK KETTERER