DIE KSK VERLÄSST AFGHANISTAN. DAS ANTI-TERROR-MANDAT BLEIBT
: Einsatz ohne Kontrolle

Das Kommando Spezialkräfte KSK ist offenbar aus Afghanistan zurückgekehrt. Das ist bereits der zweite stille Rückzug. Im Juni zog die Bundeswehr aus Kuwait ab, wo sie zum Schutz gegen Terroranschläge mittels Chemiewaffen stationiert war. Von den 3.900 vom Bundestag bewilligten Soldaten für die Operation „Enduring Freedom“ sind dann gerade noch 300 Angehörige der Bundesmarine am Horn von Afrika im Einsatz. Eigentlich eine gute Zeit, um über Sinn und Unsinn der Beteiligung am so genannten Antiterrorkrieg nachzudenken.

Erwarten darf man das leider nicht. Zu viel Unangenehmes träte zutage. Zum Beispiel die Frage, zu welchen Aktionen die KSK in Afghanistan eigentlich eingesetzt wurde. Laut Mandat des Bundestages sollte sie helfen, Terroristen „vor Gericht“ zu stellen. Tatsächlich hat sie wohl eher dazu beigetragen, dass Verdächtige in dem US-Militärlager Guantánamo landeten, wo sie – wenn überhaupt – ein Verfahren erwartet, das mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nichts gemein hat. Auch käme die Frage auf, ob der Marineeinsatz vor Dschibuti noch etwas mit der Eindämmung des Terrorismus zu tun hat – oder ob es dort nicht schlicht darum geht, an der wichtigsten Schiffspassage der Welt militärische Präsenz zu zeigen. Die USA und die alten Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien tun dies schließlich schon lange. Warum, so das längst vorherrschende Denken auch im Verteidigungsministerium, nicht auch Deutschland?

Der stillschweigende KSK-Abzug erinnert daran, was für Spielräume das Mandat für den so genannten Antiterrorkrieg der Bundesregierung lässt: Sie kann jederzeit die Anzahl der eingesetzten Kampftruppen wieder bis zu 3.900 Soldaten heraufsetzen. Unter dem Label des so genannten Antiterrorkrieges hat die Bundesregierung also schon jetzt weitgehende militärische Handlungsfreiheit. Nach der Mitte November anstehenden zweiten Verlängerung des Enduring-Freedom-Mandats würde dies für weitere zwölf Monate festgeschrieben. Werden demnächst, mit dem geplanten Entsendegesetz, die Rechte der Regierung noch ausgeweitet, wird man sich längst an ein Parlament gewöhnt haben, das sich in Fragen von Krieg und Frieden gerne selbst entmündigt. ERIC CHAUVISTRÉ