Proteste zwingen Präsidenten zum Abflug

Boliviens Präsident Sánchez de Lozada tritt zurück und setzt sich nach Florida ab. Vize übernimmt die Amtsgeschäfte

BUENOS AIRES taz ■ Bolivien hat einen neuen Staatspräsidenten. Nach dem Rücktritt von Gonzalo Sánchez de Lozara ernannte das Parlament in La Paz am Samstag dessen bisherigen Stellvertreter Carlos Mesa zum Nachfolger. Seitdem entspannt sich die Lage im Andenstaat, der sich wegen der Proteste gegen die Regierung wochenlang am Rand eines Bürgerkriegs befand, zusehends. Sánchez de Lozada hat sich inzwischen nach Florida abgesetzt.

Nach seiner Ernennung kündigte Carlos Mesa eine gerechte Aufklärung der blutigen Unruhen an, bei denen in den vergangenen Wochen mehr als 80 Menschen ums Leben gekommen sind, und bat um Versöhnung: „Wir dürfen nie wieder ein Leben durch Kämpfe mit der Regierung verlieren“, sagte er in der Stadt El Alto, nahe La Paz, dem Brennpunkt der Proteste, bei seinem ersten öffentlichen Auftritt. Mesa stellte in Aussicht, Indígenas, die größte Bevölkerungsgruppe des Landes, als Minister in sein Kabinett zu berufen. Außerdem versprach er ein Referendum über den geplanten Export von Erdgas in die USA. An der Frage hatten sich die Proteste Anfang September entzündet.

Mesa hat die Unterstützung der USA. Der bolivianische Gewerkschafter Jaime Solares, ein Anführer der Protestbewegung, machte seine Unterstützung von der Einlösung dessen Versprechen abhängig. Auch der Anführer der Kokabauern, Evo Morales, sagte, er wolle Mesa als Präsidenten „akzeptieren“. MAL

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