Schröder schröpft Rentner

Regierung saniert die Rentenkassen. Für die Rentner gibt es 2004 eine Nullrunde, außerdem müssen sie ihre Pflegeversicherung allein zahlen. Beiträge sollen bei 19,5 Prozent stabil bleiben

BERLIN taz ■ Erstmals in der bundesdeutschen Geschichte müssen Rentner reale Einbußen hinnehmen: Die Rentenanpassung wird um ein halbes Jahr verschoben; gleichzeitig müssen die Rentner künftig den vollen Beitrag zur Pflegeversicherung zahlen. Dies hat die Regierung gestern auf ihrer Rentenklausur im Bundeskanzleramt beschlossen. Beide Maßnahmen bringen je eine Milliarde Euro.

Um das Gesamtdefizit in den Rentenkassen von 8 Milliarden Euro zu schließen, wird zudem die Schwankungsreserve auf 20 Prozent einer Monatsausgabe gesenkt. Finanzminister Hans Eichel (SPD) muss darauf verzichten, den Bundeszuschuss um 2 Milliarden Euro zu kürzen. Eine Milliarde soll er wiederbekommen, indem alle Ministerien diese Summe einsparen. Oberstes Ziel der Regierung war es, den Beitragssatz auch 2004 bei 19,5 Prozent stabil halten.

„Wir können und werden zu diesem Maßnahmen nicht die Hand reichen“, reagierte CDU-Chefin Angela Merkel. Allerdings wird die Zustimmung der Union im Bundesrat nicht gebraucht – außer bei der Verschiebung der Rente für Neurentner auf das Monatsende.

Im Anschluss an die Rentenklausur kamen 250 SPD-Landes- und Bezirksvorsitzende sowie Abgeordnete in Berlin zusammen. Scholz erklärte hinterher zufrieden, diese „wichtigen Multiplikatoren“ hätten „sehr, sehr sachlich“ diskutiert. Wie zu hören war, mahnte selbst die Arbeitsgruppe „60plus“ nur an, dass die gestiegenen Kosten für die Pflegeversicherung die Kleinst- und Mindestrentner nicht allzu sehr belasten dürften.

Mit ihren Beschlüssen hat die Regierung die Gewerkschaften abermals brüskiert. Sie hatten gefordert, dass die Rentner nicht belastet werden, sondern die Beitragssätze auf 19,8 Prozent anzuheben. Entsprechend lobend äußerte sich Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt über die Bundesregierung. Der Präsident des Sozialverbandes VdK, Walter Hirrlinger, sprach hingegen von sozialpolitischer Wilderei. Die 20 Millionen Rentner würden der Regierung an der Wahlurne die Quittung ausstellen. UH

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