Das moderne Gesicht von Köln

Das Museum für Angewandte Kunst widmet dem Architekten Wilhelm Riphahn zum ersten Mal eine umfangreiche Ausstellung. Seine markanten Bauwerke prägen das Kölner Stadtbild bis heute

Von Jürgen Schön

Für seinen Fotozyklus „Menschen des 20. Jahrhunderts“ fotografierte der Kölner August Sander 1932 auch Wilhelm Riphahn als „Typus“ des „Architekten“. Er hätte in seiner Heimatstadt kaum einen besseren Vertreter dieser Zunft finden können, denn schon damals prägte Riphahn das Stadtbild Kölns wie kein anderer. Und das bis zu seinem Tod 1963. Um so verwunderlicher, dass es erst jetzt im Museum für Angewandte Kunst (MAK) die erste Ausstellung über den Architekten gibt. Vielleicht ist dies ein Spiegelbild dafür, wie wenig achtsam in dieser Stadt mit Riphahns Erbe umgegangen wird. Ein aktuelles Beispiel ist die Diskussion um „seine“ Oper, für deren Abriss nicht wenige Politiker gestimmt hatten.

Die Ausstellung gibt mit Fotos, Entwürfe und Modelle einen Überblick über Riphahns Werk. Sie ist übersichtlich zweigegliedert. Der erste Teil gibt chronologisch die Jahre 1913 bis 1945 wieder. Abzulesen ist die stilistische Entwicklung: Anfangs mit barocken Anklängen, später leicht kubistisch, bis sich dann eine klare Form zwischen Expressionismus und Bauhaus herausschält.

Neben Einfamilienhäusern und Geschäftsgebäuden waren es die Siedlungsbauten für die GAG, die Riphahns Rufs begründeten. Zunächst solche mit Einfamilienhäusern, deren Torbögen (1921, Nibelungensiedlung, Mauenheim) an kleine, abgekapselte mittelalterliche Städte erinnern. Dann mit Mehrfamilienhäusern, deren markante Eckhäuser Assoziationen an schützende Burgen wecken. Nicht nur beim „Blauen Hof“ (1927, Buchforst, erst vor wenigen Jahren generalsaniert) ließ sich Riphahn von seinen Künstlerfreunden aus der Gruppe der „Progressiven“ über die Wirkung von Farben beraten. Schließlich baute Riphahn die „Weiße Stadt“ (1932, Buchforst), eine elegante, lichtdurchflutete Mischung aus Mehrfamilien- und Einfamilienhäusern, mit Kirche, Gemeinschaftshaus und Läden. Sie beruht auf einem „Baukastensystem“, mit dem sich, ohne eintönig zu werden, auch große Siedlungen preiswert bauen lassen.

Nicht zu vergessen aus der Vorkriegszeit sind der Ufa-Palast am Hohenzollernring und das ufo-artige Restaurant „Bastei“ (1924) aus Stahl, Beton und Glas am Rheinufer, das Riphahn auch über Köln hinaus bekannt machte. Bauaufträge außerhalb der Stadtgrenzen blieben sein Leben lang allerdings die Ausnahme.

Der zweite Teil der Ausstellung für die Jahre nach 1945 ist vor allem nach Projekten gegliedert: Oper und Schauspielhaus mit den sie umgebenden Geschäftshäusern, das Institut Francais, das Brügelmannhaus, die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität, die Sartorysäle. Vor allem aber die Geschäfts- und Wohnhäuser entlang der Hahnenstraße mit dem britischen Kulturinstitut „Die Brücke“ (die jetzt erstmals restauriert wird) – ein Ensemble, dessen Harmonie selbst schleichende Umbauten und brutale Teilabrisse nicht völlig zerstören konnten.

Als „Bestandsaufnahme des aktuellen Wissens“ versteht Gerhard Dietrich, kommissarischer Leiter des MAK, diese Ausstellung. Noch sei nicht alles erforscht. Etwa, wie Riphahn den Nationalsozialismus überstand. Oder wie nach 1945 die Zusammenarbeit mit Rudolf Schwarz verlief, dem damaligen Kölner Generalstadtplaner.

Lücken, die wohl leichter zu schließen wären, weist leider auch die Ausstellung selber auf. Informativ etwa wäre eine kurze „Lebensgeschichte“ der vorgestellten Häuser. Stehen sie unter Denkmalschutz? Stehen sie überhaupt noch? Dann könnte der Besucher etwa die Geschichte des „Indanthren-Hauses“ in der Breite Straße lesen. 1938 wurde es im Auftrag der „Reichstreuhänder der Arbeit“ – einer NS-Organisation, die unter anderem Tariffragen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und den Einsatz von Zwangsarbeitern regelte – und des Verlags DuMont Schauberg gebaut. 1954 gliedert es Riphahn in seinen Neubau des Verlagsgebäudes ein. 1998 erfolgt der Abriss. Heute steht dort das einfallslose Dumont-Carree, an das denkmalwürdige Indanthren-Haus erinnert eine bemühte Kolonadengestaltung.

Ein Begleitprogramm bietet Führungen zu Riphahn-Bauten an. Hier lässt sich sehen, wie mit Architektur umgegangen wird. So wurde der einheitliche Charakter der „Nibelungensiedlung“ durch individuelle Modernisierungsmaßnahmen nach der Einzelprivatisierung zerstört.

„Wilhelm Riphahn: Architekt in Köln“: Museum für Angewandte Kunst Köln, bis 2.2.2005, Di-So 11-17 Uhr