Ungeliebter Bewuchs

Ostteil der Insel Hahnöfersand für Süßwasserwatt geflutet. Das Watt im Westteil entwickelt sich derweil nicht wunschgemäß

Breiten sich die Weiden aus, besteht die Gefahr, dass der Ausgleich scheitert

von Gernot Knödler

Weidenbäume wachsen wie Unkraut. Diese Erfahrung hat die Realisierungsgesellschaft „ReGe“/„Area380“ mit ihrer Ausgleichsmaßnahme für die Airbus-Werkserweiterung auf der Elbinsel Hahnöfersand machen müssen: Teile des künstlichen Süßwasserwatts auf der Westseite der Insel wurden nicht so häufig überflutet, wie geplant, so dass sich dort Gehölz ausbreitete und den Arten, die sich hier ansiedeln sollen, den Lebensraum streitig macht. Gestern hat die städtische ReGe auch den Ostteil der Elbinsel geflutet, um hier weitere 28 Hektar Süßwasserwatt zu schaffen.

Mit dem Abbaggern von zwei Dritteln der Elbinsel bei Cranz soll das Zuschütten des Mühlenberger Lochs ausgeglichen werden. Rund ein Fünftel des international bedeutenden Feuchtgebietes fiel der Errichtung eines Werksgeländes für Airbus zum Opfer. Für die Löffel- und die Krickente, die auf dem Vogelzug hier rasten, sowie den Schierlings-Wasserfenchel, der nur an der Unterelbe gedeiht, müssen nach EU-Recht Ersatzlebensräume geschaffen werden.

Ob diese angenommen werden, kontrollieren Ulrich Mierwald vom Kieler Institut für Landschaftsökologie und der Ornithologe Alexander Mitschke. Beide hatten gegenüber dem Hamburg Journal des NDR vor einer kritischen Entwicklung des seit zwei Jahren fertig gestellten Süßwasserwatts im Westteil Hahnhöfersands gewarnt, der möglicherweise begegnet werden müsse. Ein zwanzig bis 25 Meter breiter Streifen vor dem Deich und einige Sandbänke im Watt – nach Angaben der ReGe insgesamt sechs bis acht Prozent der Wattfläche – sind von Weiden und Binsen bewachsen. „Wenn die sich weiter ausbreiten und man macht nichts dagegen, dann ist die Gefahr gegeben, dass der Ausgleich scheitert“, so Mitschke zur taz.

ReGe-Sprecher Clemens Finkbeiner-Dege bezeichnete den Bewuchs als völlig normal und an der Unterelbe üblich: „Ob das schädlich ist oder nicht, das werden wir beobachten.“ Im Moment sei noch „alles bestens“. Das Watt mit seiner Schlickschicht müsse sich allmählich entwickeln. Die Begleituntersuchung ist auf zehn Jahre angelegt. Die ReGe und die Biologen hoffen auf einen strengen Winter, in dem die Eisschollen der Elbe das Watt im Mühlenberger Loch glatt rasieren.

Der Schierlings-Wasserfenchel hat nach Angaben der ReGe das neue Watt gut angenommen. Mehr als 300 Exemplare seien im Sommer gezählt worden. Zögerlicher reagierten die Enten. Von der auf flaches Wasser angewiesenen Löffelente seien im vergangenen Jahr auf Hahnöfersand-West 28 Exemplare gezählt worden, im laufenden Jahr 30, wobei die Rastsaison erst begonnen habe, so Mitschke.

Im verbleibenden Teil des Mühlenberger Lochs dagegen habe die Zahl der Löffelenten von Jahr zu Jahr abgenommen. 2003 seien es 600 bis 700 gewesen. Dazu kamen etwa 200 bis 300 in der Billwerder Bucht, die viele Enten als Ausweichquartier aufgesucht haben dürften. Wegen der niedrigen Zahlen hält Mitschke eine Verkleinerung der ursprünglich geplanten Wattfläche für problematisch.

Vor der Teilzuschüttung sind im Mühlenberger Loch stets deutlich mehr als 1.000 Löffelenten gezählt worden. Den Status als EU-Vogelschutzgebiet begründet eine stabile Population von mindestens 400. Bei der Krickente liegt dieser Wert zehnmal höher. Diese Vogelart sei in den vergangenen zwei Jahren an der ganzen Unterelbe verstärkt aufgetreten, sagte Mitschke. 2003 hätten sich 5.000 Krickenten im Mühlenberger Loch und weitere 1.000 auf Hahnöfersand-West aufgehalten.