Wieder Pathos der Russenrevolution

Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts war das russische Volk ziemlich im Stress. Brutal niedergeschlagene Aufstände, der gewaltsame Umsturz durch Lenin, Hungersnot und dann noch ein verheerender Bürgerkrieg. Die nach der Russischen Revolution entstandenen Filme reflektieren die Zeit der gravierenden Umwälzungen, sie transportieren Ideologie, und sie sind durch ihre wegweisende Filmsprache längst zu Klassikern der Filmgeschichte geworden. Im Oktober zeigt das Filmkunsthaus Babylon eine Reihe russischer Stummfilme, die an diesem Sonntag mit Sergej Eisensteins Debüt „Streik“, einem agitatorischen Experimentalfilm über die wütenden Proteste des aufgebrachten Volks, eröffnet wird. Dann werden an jedem Sonntag des Monats Filme aus der damals jungen Sowjetunion vorgeführt: Ob es die gewaltsamen Auseinandersetzungen der ersten Revolutionsversuche um 1905 sind, die in Eisensteins „Panzerkreuzer Potemkin“ (der noch bei der Brüsseler Weltausstellung 1958 zum „besten Film aller Zeiten“ gekürt wurde) thematisiert werden, oder die gesellschaftlichen Folgen des Umbruchs in „Das Glück“ (24.10.), Alexander Medwedkins satirischer Komödie über einen Bauern, der nur mit Schwierigkeiten seinen Platz in der neuen Gesellschaftsordnung findet. Die Revolution und ihre Folgen bleibt auch in Abram Rooms Film „Bett und Sofa“ (17.10.) im Mittelpunkt. Mit der von ihm geschilderten Dreierbeziehung zwischen einem Moskauer Ehepaar und ihrem Besucher machte sich Room im eigenen Land allerdings nicht nur Freunde. Der Film wurde vom sowjetischen Gewerkschaftsorgan Trud als „zu französisch“ kritisiert. Avantgarde, Moral, ideologischer Unterbau oder konterrevolutionär, für Stummfilmflair ist im Babylon in jedem Fall gesorgt. Jürgen Kurz wird die Filme an der Orgel begleiten. MCG