Auch Ver.di will bei der Belegschaft sparen

Das Modell „Weniger Lohn für weniger Arbeit“ könnte auch bei der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di Anwendung finden. Bei der Tarifauseinandersetzung mit dem Senat hatte Ver.di dies noch abgelehnt, letztlich aber zugestimmt

Den Berliner Ver.di-Mitgliedern muss es bekannt vorkommen – zumindest wenn sie im öffentlichen Dienst beschäftigt sind: deutlicher Lohnverzicht gegen die Zusage eines sicheren Arbeitsplatzes. Was die Dienstleistungsgewerkschaft für den Berliner öffentlichen Dienst vor einem halben Jahr noch vehement ablehnte, könnte nun für die rund 110 Berliner Ver.di-Beschäftigten Realität werden. Wegen des Mitgliederschwundes und sinkender Einnahmen will der Gewerkschaftsvorstand bundesweit etliche Stellen abbauen und den Mitarbeitern einen Gehaltsverzicht von 10 Prozent verordnen – gegen eine entsprechende Reduzierung der Arbeitszeit.

Einen Widerspruch zwischen beiden Positionen sieht Roland Tremper, Ver.di-Verhandlungsführer bei den Tarifgesprächen mit dem rot-roten Senat, aber nicht. „Der Ver.di-Betriebsrat hat das Recht, solche Vorschläge abzulehnen“, so Tremper. Die Mitbestimmung werde innerhalb der Gewerkschaft groß geschrieben, so seien etwa Versetzungen gegen den Willen der Betroffenen nicht möglich. „Wir haben auch keinen Stellenpool.“ Die Gespräche zwischen Vorstand und Betriebsrat seien noch nicht beendet. Möglicherweise werde am Ende ein ähnliches Ergebnis wie im öffentlichen Dienst herauskommen. Die Formel am Ende laute: Weniger Geld für weniger Arbeit.

Damit wäre Manfred Birkhahn, Ver.di-Handelsexperte, kaum einverstanden. „Ich fände das persönlich nicht glücklich“, so Birkhahn. Es grummele schon unter den Beschäftigten. „Beschlossen ist aber noch nichts.“ Das Sparkonzept dürfe nicht eindimensional debattiert werden, fordert Birkhahn. So seien auch andere Möglichkeiten von Einsparungen zu prüfen, etwa die Anwendung von Altersteilzeit-Regelungen oder ein effizienterer Einsatz von Sachmitteln.

Hintergrund der innergewerkschaftlichen Spardebatte sind sinkende Einnahmen aufgrund eines deutlichen Mitgliederschwundes. Hatte Ver.di, 2001 durch die Fusion mehrerer Gewerkschaften entstanden, bei der Gründung in Berlin nach eigenen Angaben noch rund 165.000 Mitglieder, so sind es zurzeit nur noch rund 158.000.

Der Hauptgrund für den Schwund: „Rentner und Arbeitslose verlassen uns, weil sie mit jedem Euro rechnen müssen“, sagt Birkhahn. Dass die Betroffenen geringere Mitgliedsbeiträge entrichten müssten, wüssten die meisten nicht. Andere Mitglieder wiederum waren mit dem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst unzufrieden und haben die Gewerkschaft aus Frust verlassen. Auch bei der Gründung der neuen Dienstleistungsgewerkschaft sind Mitglieder ausgestiegen.

Weniger Mitglieder bedeuten aber auch weniger Beschäftigte. Rund 110 Beschäftigte hat Ver.di zurzeit im Bezirk Berlin. In der Hauptstadt ist die Gewerkschaft damit nach Ansichts Trempers sogar ein wenig unterbesetzt. Der Grund: Etliche Berliner Kollegen sind aus dem Landesbezirk zur Bundeszentrale gewechselt, die im Juli kommenden Jahres in einen schicken Neubau an der Spree am Ostbahnhof zieht. Viele Gewerkschafter, die in den Zentralen der ehemaligen Ver.di-Gründungsgewerkschaften in Stuttgart, Düsseldorf, Frankfurt oder Hamburg arbeiten, wollten schließlich nicht mit in die Hauptstadt ziehen. ROT