Berufskiller satteln um

Eine private Arbeitsvermittlung bietet Unternehmen ehemalige Soldaten an – wozu?

Die seriöse Nachfrage nach Berufskillern ist eher gering in Deutschland

„An alle uns bekannten Journalisten“ ist eine E-Mail adressiert, die neulich die in Frankfurt am Main ansässige Fenner Management Consultants GmbH herumschickte. „An alle uns bekannten Journalisten“ – da schwingt ein unangenehmer Unterton mit, das klingt wie: „Wir kennen dich, und wir wissen, wo du wohnst.“ So fangen Drohbriefe an. Und tatsächlich ist auch dieser Schrieb ein Drohbrief, droht doch die Fenner Management Consultants GmbH darin ganz unverhohlen an, die „jährlich etwa 20.000 aus der Bundeswehr ausscheidenden Zeitsoldaten“ mittels einer von ihr betriebenen Soldaten-Job-Börse für die freie Wirtschaft zu rekrutieren und in dieselbe einrücken zu lassen. „Diese Gruppe von durchweg bestens ausgebildeten 28- bis 32-Jährigen sind in vielen Unternehmen als Nachwuchsfach- und Führungskräfte sehr beliebt“, behaupten die, namentlich als Headhunter Uwe Fenner und Oberstleutnant d. R. Günther Radspieler in Erscheinung tretenden Unterzeichner des Schreibens, und sie wissen auch warum: „Sie haben ‚beim Bund‘ Tugenden erlernt, wie Zuverlässigkeit, Loyalität und die Fähigkeit, Aufträge zu übernehmen, dieselben ohne viel Hilfestellung eigenverantwortlich durchzuführen und am Ende die entsprechende Meldung, ‚Auftrag ausgeführt‘, zu machen.“

Welche Sorte Unternehmen aber sollen das sein, die auf solche kadavergehorsamen Tugenden setzen? Die für einen aussortierten Bundeswehr-Offizier 7.500 Euro, für einen abservierten Unteroffizier 6.000 Euro und selbst noch für einen abgetakelten Etappenarsch 5.000 Euro zu berappen bereit sind, um auch mal die Gebühren zu nennen, die die Fenner Management Consultants GmbH bei der erfolgreichen Vermittlung eines Landsknechts kassieren will. So viele Bauern-Diskos, Stundenhotels und Bahnhofsklos gibt’s doch gar nicht, als dass dort sämtliche Bundeswehrabgänger als Türsteher, Rausschmeißer oder Aufwartmann unterzubringen wären – den zivilen Berufen, die wohl am ehesten für jene „Gruppe besonderer Menschen“ in Frage kommen, wie die Consultanten Fenner und Radspieler jene Sonderlinge nennen, die einst dem Lockruf der Bundeswehr („Du bist nichts? Du kannst nichts? Wir geben dir eine Uniform!“) erlagen und statt ins pralle Leben auf Jahre freiwillig in die waffenrockgraue Ödnis einer Kaserne einrückten.

Schuldeneintreiber, Drückerkolonnenführer oder Karussellspringer sind weitere Berufe, die Ex-Landser dank ihren beim Bund erworbenen Fähigkeiten problemlos auch im Zivilleben ausüben können. Nicht umsonst verweisen Fenner und Radspieler auf den grobschlächtigen Umgang unter Soldaten, was für deren zivile Eingliederung „insbesondere bei solchen Unternehmungen, die mit handfesten Dienstleistungen wie Reinigen, Transportieren, Bedienen und Warten zu tun haben, höchst willkommen“ sein dürfte.

Die seriöse Nachfrage nach Berufskillern ist dagegen eher gering in Deutschland. Im Offene-Stellen-Katalog der Nürnberger Arbeitsagentur ist dieser Berufszweig jedenfalls ebenso wenig vertreten wie der des professionellen Brandschatzers oder Knochenbrechers. Auch in den Stellenangeboten der bürgerlichen Presse wird nie nach jemandem verlangt, der zivile Ziele auf dem Balkan bombardieren oder mal eben in Afghanistan einmarschieren kann.

Nicht mal auf den Pinnwänden in den Supermärkten sind exsoldatentaugliche Jobangebote zu finden. Da werden Putzfrauen, Babysitter oder rüstige Rentner gesucht, die gelegentlich den Rasen mähen, nie aber jemand, der einen Panzer rückwärts einparken, auf Zuruf „die Augen geradeaus“ machen oder „Oh, du schöner Westerwald“ singen und an der richtigen Stelle „Eukalyptusbonbon“ rufen kann.

Und die Branche muss wohl erst noch erfunden werden, die Mitarbeiter braucht, welche allenfalls rudelweise am Wochenende die eh schon überlasteten deutschen Fernzüge stürmen können und dann alles daran setzen, einem durch lauthalsig geführtes dummes und betrunkenes Geschwätz gehörig auf die Nerven zu gehen. Wie aber will man mit dieser Fertigkeit im Zivilleben reüssieren? Den Brotberuf des Berufstrinkers gibt es nämlich genauso nicht, auch wenn das etlichen Exsoldaten sicher sehr zugute käme. Denn das haben sie beim Bund gelernt wie sonst nur das Strammstehen: Komasaufen bis der Stabsarzt kommt und anschließend im eigenen Erbrochenen einschlafen.

Die Fenner Management Consultants GmbH indes glaubt unverdrossen an den Erfolg ihrer Soldaten-Job-Börse. „Was die Wirtschaft an diesen Menschen besonders schätzt, ist ihre Führungsfähigkeit“, gibt sie zu bedenken. Was am Führungsstil von Angehörigen einer Organisation, die ihre Vorgesetzten traditionell durch Schwanzvergleich ermittelt, besonders schätzenswert sein soll, bleibt jedoch ein Geheimnis der Headhunter beziehungsweise Holzkopfjäger Fenner und Radspieler. FRITZ TIETZ