Bundeswehr bleibt in Afghanistan

Mit den Stimmen von Rot-Grün und Union verlängert der Bundestag das Mandat für den Einsatz deutscher Soldaten in drei afghanischen Städten. Die FDP ist vor allem gegen die Wiederaufbauteams, denn diese seien international nicht akzeptiert

AUS BERLIN SVEN HANSEN

Deutschland wird für ein weiteres Jahr am Hindukusch verteidigt. Mit den Stimmen der rot-grünen Koalition und der CDU/CSU-Fraktion hat der Bundestag gestern Nachmittag das Mandat für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan um weitere zwölf Monate verlängert. Die FDP-Fraktion und die zwei PDS-Abgeordneten stimmten dagegen. Es gab drei Enthaltungen.

Das zum dritten Mal verlängerte Mandat umfasst die Beteiligung an der multinationalen Isaf-Friedenstruppe in der Hauptstadt Kabul sowie die zwei so genannten regionalen Wiederaufbauteams (PRT) in den nordafghanischen Städten Kundus und Faisabad. In Kabul sind rund 1.850 deutsche Soldaten im Einsatz, in Kundus 270 und in Faisabad etwa 105.

Im Mittelpunkt der Debatte stand insbesondere die Frage nach der Sinnhaftigkeit der PRT und ob der Schutz der Soldaten vor allem im abgelegenen Faisabad gewährleistet werden könne. Den Einsatz in Kabul zweifelte nur Petra Pau von der PDS grundsätzlich an.

Überschattet wurde die Debatte von einem Raketenangriff auf das deutsche Militärlager in Kundus am Mittwochabend. Dabei waren zwei deutsche und zwei Schweizer Soldaten verletzt worden, darunter ein Deutscher schwer. Es gebe keine hundertprozentige Sicherheit, sagte Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) in der Debatte. Er hatte erst vor wenigen Tagen mit einigen Abgeordneten Kundus und Faisabad besucht.

Struck warb für die Zustimmung des Bundestags, die nach der bereits zuvor signalisierten Zustimmung der CDU/CSU nie in Zweifel stand. Entsprechend abgeklärt und ohne große Emotionen verlief denn auch die Debatte. Der CDU-Außenpolitiker Friedbert Pflüger begründete die Zustimmung seiner Fraktion damit, dass es bei dem Einsatz nicht um Idealismus ginge, sondern bei einem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan das Land wieder in die Hände der Taliban fallen könnte. Die Deutschen hätten aber nicht nur ein Recht auf Sicherheit vor dem Terror, sondern auch vor den Drogen aus Afghanistan, so Pflüger. Das Drogenproblem sei aber ungelöst. Vor einem Jahr hatte der Bundestag beschlossen, dass Drogenbekämpfung nicht zum Bundeswehrmandat gehöre.

Werner Hoyer von der FDP bezeichnete den Versuch, das angestrebte landesweite Netzwerk von PRT herzustellen, als gescheitert. „Andere Staaten machen nicht mit, weil sie vom PRT-Konzept nicht überzeugt sind“, sagte Hoyer. Der Antrag der FDP, über den Einsatz in Kabul und die PRT getrennt abzustimmen, scheiterte erwartungsgemäß.

Redner der Regierungskoalition verteidigten das PRT-Konzept und werteten es als seinen Erfolg, dass der Einfluss der Kabuler Zentralregierung inzwischen auch in den Provinzen zugenommen habe. Präsident Hamid Karsai sei keineswegs mehr nur der „Bürgermeister von Kabul“, so der grüne Bundesaußenminister Joschka Fischer. Er räumte ein, dass es in Afghanistan noch sehr viele Probleme gebe. Die Präsidentschaftswahlen am 9. Oktober seien aber ein großer Fortschritt.

Mehrere Redner zeigten sich betroffen über den Granatanschlag auf das deutsche PRT in Kundus vom Vorabend. Nach Angaben von Struck sei der schwer verletzte deutsche Soldat noch in Kundus operiert und dann nach Deutschland ausgeflogen worden. Dem Anschlag voraus ging nach Bundeswehrangaben eine Explosion in einigen hundert Metern Entfernung zum deutschen Lager. Seit Beginn des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan im Januar 2002 sind bisher 14 deutsche Soldaten getötet worden. Ursachen waren ein Autobombenanschlag (vier tote Deutsche), ein Hubschrauberabsturz (sieben Tote), ein Fehler bei der Entschärfung von Munition (zwei tote Deutsche) und eine Minenexplosion (ein Toter).