OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Den schönsten Film über die Verführung durch Farbe schufen die Briten Michael Powell und Emeric Pressburger im Jahr 1947 mit „Black Narcissus“: Englische Nonnen sollen unter Leitung von Schwester Clodagh (Deborah Kerr) in den Bergen des Himalaja eine Mission einrichten und scheitern kläglich, weil ihre reglementierte und farblose Welt zusammenbricht, als sie mit den satten Farben der tropischen Vegetation, dem leuchtende Blau ihres Missionsgebäudes, einem ehemaligen Harem, sowie der pittoresk bunten Kleidung der Einheimischen konfrontiert werden. Statt für den Habit begeistern sich die Schwestern plötzlich für die orientalischen Prunkgewänder eines jugendlichen Prinzen, und jene Nonne, die im Garten eigentlich das Gemüse hegen soll, muss gestehen, dass sie stattdessen lieber Blumen gepflanzt hat. Mit der Farbe drängt sich das weltliche Leben ins Dasein der Schwestern und mit ihm auch die Liebe und – im Fall der Schwester Ruth (Kathleen Byron), die sich in eine einseitige Neigung zum burschikosen Verwalter verstrickt – letztlich der Wahnsinn. Damit korrespondierend, werden auch die Farben immer delirierender. Dasselbe Team, ein ebenso brillanter Farbfilm: 1948 drehten Powell und Pressburger den Tanzfilm „The Red Shoes“, der wie kein anderer einen wirklich radikalen Kunstbegriff vertritt. Der Schaffung des Schönen, so das Credo, gilt es alles zu opfern – im Zweifelsfall selbst die Liebe und das Leben. Als Sinnbild dieses Grundsatzes dient das als freie Bearbeitung des Märchens von Hans Christian Andersen entstandene Ballett von den roten Schuhen, das den Mittelpunkt des Films einnimmt: Die verzauberten roten Schuhe tanzen einfach immer weiter, auch als ihre Trägerin (Moira Shearer) längst müde geworden ist, und führen das Mädchen schließlich in den Tod. Der Ballettdirektor Lermontov (Adolf Wohlbrück) ist bei alledem die eigentliche Identifikationsfigur: ein ebenso charmanter und verführerischer wie arroganter und grausamer Charakter, der aufgrund seiner Besessenheit für die Kunst immer einsam bleibt.

„Berlin im Film“ heißt eine Reihe, mit der das Zeughauskino die Zuschauer in den nächsten Monaten erfreuen will. Die Auswahl ist reichhaltig, und los geht es mit den Lustbarkeiten und Liebeleien der „Menschen am Sonntag“, die Robert Siodmak und Edgar Ulmer 1929 schufen. Mit Laiendarstellern überwiegend an Außenschauplätzen gedreht, verbindet die Geschichte nach einem Drehbuch von Billy Wilder dokumentarisches Material geschickt mit Spielszenen um einen bittersüßen sonntäglichen Ausflug an den Wannsee.

Das Ende einer Beziehung, Machoattitüden, halbernstes Gekabbel und eine Pistole: Dann ist Maries (Ex-)Freund tot. Sie becirct zwei andere Männer, die Leiche verschwinden zu lassen, doch das ist gar nicht so einfach. Volker Schlöndorff drehte „Mord und Totschlag“ 1967, ein durchaus verspielter Film mit Anklängen an die Nouvelle Vague und der tollen Anita Pallenberg in der Hauptrolle. Die Musik stammt von Brian Jones, und man fragt sich, warum der Film nicht zu einem der großen deutschen Kultklassiker wurde. LARS PENNING

„Black Narcissus“ (OF), 27./31. 3, im Arsenal 1 „The Red Shoes“ (OF), 28./30. 3., im Arsenal 2

„Menschen am Sonntag“, 1. 4., im Zeughauskino

„Mord und Totschlag“, 27. 3., im Filmmuseum Potsdam