RVR-Direktorin wirbt für Zusammenarbeit

Kooperation statt Konkurrenz: An ihrem ersten Arbeitstag plädiert die neue Direktorin des Regionalverbands Ruhrgebiet, Christa Thoben, für ein selbstbestimmtes Revier – doch die Macht der Christdemokratin ist begrenzt

ESSEN taz ■ Eine Vorsitzende auf Zeit will sie offensichtlich nicht bleiben: Schon ihren ersten Arbeitstag nutzte Christa Thoben, neue Vorsitzende des aus dem KVR hervorgegangenen Regionalverbands Ruhr (RVR), zu einem Plädoyer für eine verbesserte Zusammenarbeit, für ein Zusammenwachsen der Städte und Kreise des Reviers. Die Städtelandschaft werde immer stärker als Einheit begriffen, glaubt die Christdemokratin, die auch als mögliche Wirtschaftsministerin in einem Kabinett Rüttgers gehandelt wird: „Die Menschen im Ruhrgebiet leben nicht mehr nur in der Stadt, wo sie arbeiten, und nutzen für ihre Freizeit das ganze Revier.“

Thobens Forderung: Die Politik müsse dieses Zusammenwachsen der Städte endlich als Zukunftschance begreifen. „Wer sich komplett verweigert, verpasst etwas“, ist die RVR-Chefin überzeugt: Nur gemeinsam könne „die Strahlkraft, von der viele träumen“, erreicht werden – der Weg aus der Provinz ist in den Städten und Kreisen des RVRs noch weit. Thoben will die begrenzten Mittel nutzen, die ihr das verwässerte rot-grüne RVR-Gesetz lässt. „Wenn die Städte und Kreise bei der Entwicklung flächendeckender Planungsgemeinschaften zusammenarbeiten, sind die Regierungspräsidenten aus dem Spiel.“

Stadtplanung im Ruhrgebiet, das sei eine Herausforderung, meint Thoben: Jahrzehntelang seien Arbeit und Wohnen im industriedominierten Revier getrennt worden, fehlten Naherholungsmöglichkeiten in Wohnnähe. „Das Ruhrgebiet wird oft als Stadt der Zukunft, aber auch als schrumpfende Stadt beschrieben“, mahnt die ehemalige nord–rhein-westfälische CDU-Landesvorsitzende – „da muss doch nach den Konsequenzen gefragt werden.“ Der Begriff Ruhrstadt beschreibe „etwas Richtiges, ohne mir durch den bekannten Begriff Stadt den Weg dorthin verbauen zu lassen“: Verklausuliert plädiert die gebürtige Wattenscheiderin gegen das reviertypische Kirchturmdenken, für Kooperation in Politik und Kultur, Verkehr und Sport.

Fraglich bleibt aber, ob sich Thoben durchsetzen kann: Führende SPD-Spitzenpolitiker wie Dortmunds Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer oder Duisburgs Stadtchefin Bärbel Zieling träumen vom Jahr 2009, wenn nach dem RVR-Gesetz des Landtags ein Austritt aus dem Verband möglich wird. Er wolle nicht „Bürgermeister eines Vororts von Essen werden“ – ebenso platt wie eingängig instrumentalisiert besonders Langemeyer die Angst vor Metropolis.

Kein Problem für Thoben, deren Verband ganz nebenbei noch die Betreuung der finanziell ungesicherten Projekte der Internationalen Bauausstellung Emscher Part (IBA) wie die Nachfolge der landeseigenen Projekt Ruhr GmbH stemmen soll: „Wenn der RVR nicht bis 2009 überzeugt, wird er es nie tun.“ Wieder appelliert die Christdemokratin an der Gestaltungswillen der Bürgermeister und Landräte, die als Vorstände des RVR künftig über gemeinsame Projekte entscheiden – dabei ist bisher sogar unklar, ob Thoben nicht nur eine Übergangsdirektorin bleibt: Nach den Kommunalwahlen verfügt Rot-Grün in der bisher CDU-dominierten Verbandsversammlung über eine klare Mehrheit.

ANDREAS WYPUTTA