Kölns „Wilder Westen“ bleibt Frontgebiet

Bei der Neugestaltung von Müngersdorf, Braunsfeld und Ehrenfeld sollen die Anwohner in einem Beirat mitreden können. Ist die Stadt damit auf dem Weg zu mehr Bürgerbeteiligung? Eine Podiumsdiskussion schafft keine Klarheit

Köln taz ■ Cowboys und Indianer waren nicht gekommen. Dabei ging es am Donnerstag Abend im Lindenthaler Bezirksrathaus doch um „Kölns Wilden Westen“. Der fängt gleich hinter dem Melatengürtel an und wird von Aachener Straße, Militärring und Vogelsanger Straße begrenzt. Und er ist zivilisiert. Hier streiten die Kontrahenten gesittet mit Worten. Daher lud die Arbeitsgemeinschaft „Bürgerplan West“ im Rahmen der Architekturwoche „plan 04“ zu einer Podiumsdiskussion. Verwaltung, Politik, Investoren und Anwohnerinitiativen gingen der Frage nach, ob sie mit der Bürgerbeteiligung für das Planungsgebiet Braunsfeld, Müngersdorf und Ehrenfeld auf dem Weg zu einer neuen Planungskultur seien.

Seit rund vier Jahren streiten die unterschiedlichen Parteien um die Zukunft von „Kölns Wildem Westen“, in dem rund 11.000 Menschen leben. Das 420 Hektar große Gebiet – so groß wie Kölns Innenstadt – soll neu gestaltet werden. Die Rahmenplanung für das Areal, an der die Bürger erst sehr spät beteiligt wurden, ist auf der letzten Sitzung des Rates vor der Kommunalwahl beschlossen worden. Doch die entscheidenden Fragen nach der Mischung von Wohnen und Gewerbe, dem Verkehr und den Grünflächen sind damit noch nicht endgültig geklärt. Die Podiumsdiskussion zeigte: Die alten Fronten bestehen fort.

So zog Nikolaus Bock von Wülfingen von der Interessengemeinschaft (IG) Braunsfelder Bürger eine negative Bilanz des bisherigen Verfahrens. „Wir haben schöne Worte, aber keine Umsetzung unserer Wünsche“, so der Anwohnervertreter. Insbesondere die Verwaltung habe einen bremsenden und lähmenden Einfluss ausgeübt. Daher freue er sich jetzt auf den geplanten Beirat, in dem die IG als Partner auftreten wolle.

Baudezernent Bernd Streitberger lobte das Engagement der Bürger und sprach von einem „urwüchsigen Strukturwandel“. Mit dem Rahmenplan habe die Verwaltung versucht, den Wildwuchs zu bändigen, aber noch keine 100-prozentigen Lösungen gefunden. Daher habe er den Beirat vorgeschlagen.

Achim Dahlheimer vom NRW-Städtebau-Ministerium konnte nichts Besonderes in der bisherigen Bürgerbeteiligung im „Wilden Westen“ sehen. Das Interesse der Menschen und ihre Bildung bestimmten die Formen der Bürgerbeteiligung. Es täte aber manchmal ganz gut, wenn das Primat der Ökonomie gebrochen werde. Dennoch sah er Bürgerbeteiligung nicht nur positiv. „Sie kann auch anti-avantgardistisch sein“, warnte Dahlheimer und nannte das Beispiel Gasometer in Oberhausen. Den hätten die Bürger wohl verhindert, wären sie beteiligt worden.

Der ehemalige CDU-Fraktionschef Karl Klipper widersprach heftig. Das Land habe mit diesem Projekt viel Geld zum Fenster rausgeworfen. Die Kölner CDU habe sich seit 1999 für Bürgerbeteiligungen eingesetzt. „Ich bin ein Verfechter dieses Prozesses“, so Klipper. Allerdings machte er keinen Hehl daraus, dass der Interessenausgleich zwischen Investoren und Bürgern sehr schwer zu erreichen sei. Und dass Arbeitsplätze bei ihm eindeutig vorgehen.

Baudezernent Streitberger befürwortete denn auch, dass die Investoren in den Beirat eingeladen werden. Investor Anton Bausinger von der Firma Triotop begrüßte den Beirat sehr. „Auch eine ,Nein‘-Antwort ist für uns als Investor wichtig“, erklärte er. Thomas Spolert