Job mit Zukunft

Sie planen Aktionen, geben Interviews und diskutieren mit Gegnern und Befürwortern. Campaigner – ein Berufsfeld für kommunikative Menschen

von Jennifer Neufend

Im Duden ist der Begriff nicht zu finden, dafür hat das Deutsch-Englische Wörterbuch von www.leo.org im Internet einiges zu bieten: Als Aktivist, Befürworter oder Mitkämpfer ist der Campaigner dort beschrieben. Aber wie wird man ein „Mitkämpfer“? Welche Ausbildung hat ein „Befürworter“?

„Campaigner ist kein Ausbildungsberuf“, erklärt Ingrid Meyer, Personalleiterin bei Greenpeace. Wer sich bei der Umweltschutzorganisation auf diesen Job bewirbt, müsse politisches Gespür und umweltpolitisches Engagement mitbringen. Denn es müssen nicht nur Kampagnenstrategien in bestimmten Themenbereichen entwickelt, sondern diese auch vermittelt und in der Öffentlichhkeit überzeugend vertreten werden.

Annette Hartmetz, Referentin für Kampagnen und Aktionen bei amnesty international in Berlin, sieht das ähnlich. Die 31-jährige Akademikerin, seit Februar 2003 für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit zuständig, arbeitete zunächst zwei Jahre im Büro eines Bundestagsabgeordneten und war „schon während des Studiums im Bereich Abschiebepolitik eherenamtlich tätig“. Jetzt bearbeitet sie die Post aus dem internationalen Büro in London, entwirft beispielsweise Flyer oder Postkarten für Aktionen, verfasst Aktionsbriefe an Mitglieder und koordiniert und strukturiert große Kampagnen. Kurz: „Ich habe mit allen Abteilungen etwas zu tun.“

In Hamburg bei Robin Wood betreut Jens Wieting einen ähnlichen Bereich, allerdings: „Wir nennen uns nicht Campaigner, sondern Fachreferenten“, stellt der 34-Jährige klar. Robin Wood, so die Selbstbeschreibung des Vereins, kämpft gegen die Zerstörung der Wälder und Tropenwälder, gegen Energieverschwendung und tritt für eine vernünftige Verkehrspolitik ein. Wieting, zuständig für Tropenwald, gibt zum Beispiel Interviews, während die Aktivisten mit Transparenten das Dach einer Firma besetzt haben, die Papier oder Gartenmöbel aus Tropenholz herstellt. Aber „ich beantworte auch Anfragen von Verbrauchern zu Tropenholz“, beschreibt der Fachreferent sein Alltagsgeschäft. Einschlägige Erfahrungen bringt Wieting mit. Der studierte Landschaftsplaner arbeitete zwei Jahre in Nicaragua und war dort „für den deutschen Entwicklungsdienst im größten Regenwaldschutzgebiet tätig“.

Einschlägiges Engagement kann Jürgen Arnecke in die Wagschale werfen. Bei der Volksinitiative „Unser Wasser Hamburg“, die sich Anfang vorigen Jahres gründete und gegen den Verkauf der Wasserwerke einsetzt, hat er zwar fast die gleichen Aufgaben wie die Campaigner beziehungsweise Fachreferenten bei Robin Wood, Greenpeace oder amnesty international, bezahlt aber wird er dafür nicht. „Ich habe die Organisationsarbeit geleistet und vor allem den Kontakt zur Presse, zu den Parteien und den Gewerkschaften gehalten“, erinnert sich Arnecke. Seinen Abschluss hat er als Bibliothekar und Volkswirt, hauptberuflich arbeitet er als Dokumentar und Archivar.

Auch wenn Campaigner kein Ausbildungsberuf ist – als Berufsfeld hat ihn inzwischen auch die Arbeitsagentur entdeckt. Auf ihren Internetseiten (www.arbeitsagentur.de) informiert sie über die Voraussetzungen: Kommunikationsstärke, Geduld und die Fähigkeit, sich auf verschiedene Diskussionspartner einzustellen, seien wichtige Eigenschaften. Und meist würden auch ein abgeschlossenes Studium und Erfahrung im politischen Bereich erwartet.

Jobst Kraus von der Evangelischen Akademie Bad Boll bietet unter anderem Fortbildungen zum Thema an (www.ev-akademie-boll.de). Die Campaigner, so hat er beobachtet, kämen mit unterschiedlichsten Biographien in den Job. Mittlerweile stellten auch Hilfswerke wie Brot für die Welt Mitarbeiter zur Kampagnenentwicklung ein. „Eigentlich“, sagt Kraus, „hat das Berufsfeld eine große Zukunft.“