Vor der Bruchlandung

Airbus-Erweiterung in Finkenwerder droht zu scheitern. Ultimatives Kaufangebot der Stadt an betroffene Nachbarn des Werkes stößt auf wenig Interesse. Und 225 weitere Klagen sind noch vor Gerichten anhängig. Konzern setzt Stadt unter Zeitdruck

von sven-michael veit

„Nein“, sagt Rüdiger Nebelsieck, „das geht nicht.“ Der Verkauf von Grundstücken in Neuenfelde, die dem Ausbau der Finkenwerder Airbus-Werkspiste im Weg sind, sei „schon wegen der kurzen Zeit“ nicht möglich, so der Anwalt der zehn betroffenen Grundeigentümer. Bis gestern Abend sollten sie, so die schriftliche Aufforderung der Stadt, in notariell beglaubigter Form dem Verkauf ihres Besitzes zugestimmt haben. Unterschrieben hat den Kaufvertrag in der gesetzten Frist jedoch niemand, obwohl die Stadt sich nicht lumpen lassen will: Gegenüber früheren erfolglosen Versuchen hat sie ihr Kaufangebot auf 61,50 Euro pro Quadratmeter verdreifacht.

Runde 25 Millionen mithin will Hamburg sich den Erwerb der etwa 40 Hektar kosten lassen, um die Verlängerung der Start- und Landebahn um 589 Meter in das südlich angrenzende Obstbauerndorf Neuenfelde hinein zu ermöglichen. Grund für die Freigiebigkeit ist der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom August, wonach eine Enteignung der störrischen Anwohner nicht erfolgen kann.

„Die Gespräche laufen noch“, erklärte gestern Nachmittag Clemens Finkbeiner-Dege. Der Sprecher der Realisierungsgesellschaft (ReGe) Finkenwerder, die im Auftrag der Stadt die Airbus-Erweiterung managen soll, zeigte sich flexibel: „An ein paar Stunden lassen wir das nicht scheitern“, stellte er den Neuenfeldern einen zeitlichen Überziehungskredit in Aussicht, denn die Fristsetzung sei, räumt er ein, schon „verdammt knapp“. Zumal alle Eigentümer verkaufsbereit sein müssen, denn der Erwerb einzelner Parzellen hilft der ReGe wenig. Aber „Hamburg“, da ist Finkbeiner-Dege sicher, „wird das schon hinkriegen“.

Nach taz-Informationen haben bislang erst vier Betroffene signalisiert, dass sie sich mit Verkaufsgedanken trügen. Die Vorgabe der Stadt lautet aber, dass die Eigentümer „als Gruppe“ geschlossen der Veräußerung zustimmen müssten, sonst verfalle das Angebot. Zwei von ihnen schlossen gegenüber der taz jede Absicht aus, darauf einzugehen. Das Ansinnen der Stadt sei, so die Wortwahl von Jurist Nebelsieck, „unter den formulierten Randbedingungen in dieser Form nicht zu erreichen“.

Der Senat steht unter argem Zeitdruck, denn Airbus hätte gerne bis Mitte November „Planungssicherheit“ in Hamburg. Anderenfalls, so wurde signalisiert, könnte der Aufsichtsrat beschließen, das geplante Auslieferungszentrum für den Riesenjet A380 im Konkurrenzstandort Toulouse errichten lassen.

Um eine Bruchlandung der hochfliegenden Airbus-Pläne zu vermeiden, erwägt die federführende Wirtschaftsbehörde eine geänderte Pistenführung. Eine Verschwenkung um 12 Grad von Nordost nach Südwest würde die Grundstücke der meisten Kläger links liegen lassen. Allerdings müsste ein weiterer Teil der Elbbucht Mühlenberger Loch zugeschüttet werden. Zudem wäre ein neues zeitaufwendiges Planfeststellungsverfahren erforderlich.

Das alles werde „zurzeit geprüft“, sagt Finkbeiner-Dege, „so in zwei Wochen wissen wir alle mehr“. Aber auch Anwalt Nebelsieck weiß noch etwas. Er vertritt weitere 225 indirekt Betroffene vor dem Verwaltungsgericht. Deren Klagen könnten bei Bedarf in Eilverfahren umgewandelt werden. „Wir können das“, so der Anwalt, „jederzeit veranlassen.“