Das Tabu im Fahrstuhl

Die „Arroganz der SPD“ ist der größte Geburtshelfer für schwarz-grün, sind sich CDUler und Grüne einig. Bremens Chancen für eine solche Koalition stehen demnach nicht schlecht. Und die SPD in der Opposition, „hätte einen ganz besonderen Charme“

Keine falsche Hanfseligkeit: Grün-schwarz wäre noch ein hartes Stück Arbeit

Bremen taz ■ Sie teilen sich als einzige im Saal ein Mikrofon. Das klappt gut. Sie haben beide schon mit der SPD koaliert. Das klappt(e) nicht so gut. Und sie machen auch sonst keinen Hehl aus ihrem Draht zueinander. Stellen CDU und Grüne nach der Bürgerschaftswahl 2007 die Bremer Landesregierung? „Ich habe keinen prinzipiellen Vorbehalt gegen ein solches Bündnis“, sagt Helga Trüpel, Ex-Kultursenatorin und seit kurzem Europaabgeordnete der Grünen. Jens Eckhoff, Ex-Fraktionschef und CDU-Bausenator, sagt: „Eine schwarz-grüne Koalition auf Landesebene wird am ehesten in einem Stadtstaat kommen.“

Aufs Podium geladen hat Eckhoff und Trüpel die CDU-nahe Konrad Adenauer-Stiftung, die über die „Zukunft schwarz-grüner Koalitionen“ diskutieren will. Leitfrage: „Ein Tabu vor der Auflösung?“ Eine Provokation, die ihren Provokationscharakter längst verloren hat – zumindest, wenn man dem Vorsitzenden des Kieler Grünen-Kreisverbands, Markus Stiegler, und dem Kassler CDU-Fraktionsgeschäftsführer Dominique Kalb glaubt. Beide haben sie in ihrer Stadt schwarz-grüne Bündnisse realisiert, beide haben sie dafür der SPD eine Absage erteilt. Von einer „sehr vertrauensvollen Zusammenarbeit“ mit der Kieler CDU schwärmt Stiegler. „An den Grünen schätzen wir am meisten die Verlässlichkeit“, sagt Kalb.

Ralf Baus vom Berliner „Think-Tank“ der Stiftung hatte zuvor drei Haupt-Faktoren benannt, die schwarz-grüne Bündnisse aller Erfahrung nach begünstigen: Erstens ein „arrogantes Auftreten der SPD“. Zweitens „gute persönliche Beziehungen“. Und drittens „programmatische Schnittmengen“.

Um die waren Eckhoff und Trüpel nicht verlegen: Mehr Ganztagsangebote für Kinder, Ausbau der regenerativen Energien, Mittelstandsförderung, High-Tech. Vor allem aber: Die Bremer Sozen nach 60 Regierungsjahren einmal auf die Oppositonsbank verweisen zu können, das, schwärmte Eckhoff, „hat einen ganz besonderen Charme“. „Schwarz-grün – ist das noch für jemanden ein Tabu?“, fragt Moderator Andreas Hötzel in den Saal. Dort sitzen an die 60 CDU-AnhängerInnen der älteren Generation, plus je zwei, drei Schüler-Unionisten, Grünen-VorstandssprecherInnen und CDU-Abgeordnete. Es bleibt still.

Halt! In der vorletzten Reihe, da meldet sich doch noch einer, mit blaugrauem Jackett und gräulichem Haar. Sein Problem: „Rauschgift“, beziehungsweise die Grünen, die Kiffen legalisieren wollen: „Das ist für mich ein Skandal, da darf die CDU auf keinen Fall mitmachen“, poltert er in Richtung seines Senators. Schwarz-grüne Koalition? Nicht mit ihm. „Dann würden Sie hier keinen Asylanten mehr abschieben können!“ Später im Fahrstuhl erntet er große Zustimmung: „Du hast Recht gehabt.“

Schwarz-grün in Bremen eine Illusion? Zumindest noch ein hartes Stück Arbeit. Das Festhalten der CDU am dreigliedrigen Schulsystem stehe der Grünen-Vision einer „neuen Form von Schule“ diametral entgegen, unterstreicht Trüpel. Und: „Wir brauchen eine andere Wirtschaftspolitik als sie die CDU-Senatoren bisher machen.“ Sollten sich die Bremer Christdemokraten jedoch bis 2007 in „eine moderne, urbane Großstadtpartei“ wandeln, sei schwarz-grün durchaus eine Option. Trüpel: „Ich würde das auch unterstützen.“ Armin Simon