Portugals Sozialisten bauen auf Socrates

Ihr neuer Chef tritt am Wochenende erstmals auf dem Parteitag auf. Mit ihm wollen die Sozialisten die Macht zurück

Hoffnung macht sich breit bei den Sozialisten in Portugal. Dieses Wochenende soll ein Parteitag „den Grundstein für den politischen Wandel“ legen, so verspricht es José Socrates. Der 47-Jährige wurde vergangenes Wochenende bei einer erstmals abgehaltenen Basisabstimmung mit knapp 80 Prozent zum Parteichef gewählt. Jetzt tritt er erstmals vor den Delegierten auf.

Socrates verspricht einen Schlussstrich unter eine dreijährige Krise, die mit dem Verzicht des einstigen sozialistischen Regierungschefs Antonio Guterres auf die Parteiführung begann und mit dem Rücktritt von Nachfolger Eduardo Ferro Rodrigues endete. Dessen Parteispitze war in den Päderastenskandal um das größte staatliche Waisenhaus Portugals verstrickt.

Socrates, von Beruf Ingenieur, will die Partei zu neuen Höhen führen. Er hofft darauf, schon bei den nächsten Wahlen in zwei Jahren in den Regierungspalast einziehen zu können. Denn die regierenden Konservativen sind durch die Entscheidung, am Irakkrieg teilzunehmen, angeschlagen. Bei den Europawahlen straften sie die Wähler ab.

Socrates gilt als pragmatischer Politiker. Er wechselte Mitte der 70er-Jahre aus den Reihen der Jugendorganisation der konservativen PSD zu den Sozialisten. Dort verdankt er seine Karriere Antonio Guterres. Der streng katholische Parteichef nahm den jungen Liberalen bei der Hand. An seiner Seite erklomm er eine Stufe nach der anderen, bis er schließlich mit Guterres als dessen Umweltminister in der Regierung (1996–2001) landete. Diese Ernennung war der Dank dafür, dass Socrates es geschafft hatte, seine traditionell konservative Heimatregion im Landesinneren zur sozialistischen Hochburg umzukrempeln und damit den Wahlsieg von Guterres zu garantierten.

Socrates, der als Abgeordneter und Minister immer wieder durch Reden zu Tabuthemen wie Aids oder für das Recht auf FKK-Baden an Portugals Stränden auf sich aufmerksam machte, zeigte als Umweltminister Entschlossenheit, wenn es darum ging, den Großen der Wirtschaft auf die Finger zu klopfen. Jetzt will er den Konservativen genug Stimmen abjagen, um sie aus der Regierung zu vertreiben. Und es könnte gelingen. Mit seinem offenen, aber moderaten Ton kommt er in der politischen Mitte gut an. So kritisiert er zwar die Beteiligung portugiesischer Polizisten an der Besatzung des Irak, verspricht aber zugleich, anders als die Sozialisten in Spanien, „einmal eingegangene internationale Verpflichtungen zu erfüllen“. Beim Abtreibungsrecht verspricht er eine Reform, will diese aber an ein Referendum binden.

Parteiinternen Kritikern, allen voran Parteigründer Mario Soares, gilt Socrates, der sich durch seine TV-Auftritte über die Partei hinaus einen Namen machte, als zu rechts. Und sie werfen ihm vor, ein „Medienprodukt“ zu sein. „Die Wächter über die reine Lehre spielen die lächerliche Rolle der Aufseher in einem Museum, das längst keiner mehr besucht“, kontert der neue PS-Chef redegewandt. REINER WANDLER