Tony Blair flattert das Herz

Bei einer Nachwahl in einer traditionellen Labour-Hochburg setzt sich der Protegé des britischen Premierministers nur knapp durch, Kandidat der Konservativen erreicht nur Platz vier. Blair mit Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus

DUBLIN taz ■ Tony Blair will Großbritannien bis 2009 regieren. Der britische Premierminister erklärte in seiner Abschlussrede auf dem Labour-Parteitag im südenglischen Brighton, dass er nach den Wahlen, die wahrscheinlich im Mai stattfinden werden, weitermachen, den Briten aber eine vierte Amtszeit ersparen wolle. „Ich glaube nicht, dass das britische Volk einen Premierminister will, der so lange im Amt bleibt“, sagte er. Für die Zeit danach hat er bereits vorgesorgt. Blair und seine Frau Cherie Booth haben in dieser Woche ein Haus im Zentrum Londons für 3,6 Millionen Pfund gekauft.

Mit der Ankündigung, sein Amt erst in fünf Jahren herzugeben, beendete Blair die seit seinem Antritt 1997 kursierenden Spekulationen, wonach er mit Schatzkanzler Gordon Brown vereinbart habe, ihm das Amt beizeiten abzutreten. Darüber hinaus erklärte Blair, dass Brown 2009 nicht automatisch sein Nachfolger werde: Es gebe viele Interessenten, sagte Blair. Damit habe er den Grundstein für einen erbitterten Kampf um die Nachfolge gelegt, der Partei und Regierung in den nächsten Jahren destabilisieren werde, schrieb der Guardian.

Gestern musste sich Blair ins Krankenhaus begeben, um seine Herzrhythmusstörungen behandeln zu lassen, die seit zwei Monaten bei ihm auftreten. Er spielte die Sache herunter. „Es ist nichts besonders Ernstes, aber man muss es behandeln“, sagte Blair. Heute soll er aus dem Krankenhaus entlassen werden, am Dienstag fliegt er zu politischen Gesprächen nach Äthiopien.

Vielleicht hat die Nachwahl für den Unterhaussitz in Hartlepool am Donnerstag zu Blairs Herzflattern beigetragen. Zwar lag der Labour-Kandidat Iain Wright zum Schluss vorne, doch die Mehrheit von mehr als 14.000 Stimmen, die sein Vorgänger, der neue EU-Kommissar Peter Mandelson, vor drei Jahren erhalten hatte, ist auf 2.000 Stimmen geschrumpft. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 46 Prozent.

Für die Tories endete die Wahl in einer Katastrophe. Ihr Kandidat Jeremy Middleton landete hinter der United Kingdom Independence Party (UKIP), die für Großbritanniens Ausstieg aus der EU eintritt, auf dem vierten Platz. So schlecht hatte seit dem Zweiten Weltkrieg noch keine Hauptoppositionspartei abgeschnitten. Damit ist der Druck auf Tory-Chef Michael Howad gewachsen, seine Politik in Asyl- und Steuerfragen weiter nach rechts auszurichten, um gegen UKIP verlorenen Boden gutzumachen. Ihm droht nächste Woche ein ungemütlicher Parteitag.

Blair blieb zum Abschluss des Parteitags eine weitere Schmach erspart. Nachdem die Delegierten Anfang der Woche mit Zweidrittelmehrheit für die Wiederverstaatlichung der Eisenbahn gestimmt hatten, was die Regierung allerdings umgehend ablehnte, stimmten am Donnerstag 86 Prozent gegen den Antrag, ein Datum für den Abzug britischer Truppen aus dem Irak festzulegen. Allerdings musste Blair zuvor die Gewerkschaftsführer, die über 40 Prozent der Stimmen verfügen, in stundenlangen Einzelgesprächen auf seine Seite ziehen. RALF SOTSCHECK