Mach‘s selbst

Michael Deans Low-Budget-Kunstbetriebsdokumentation „D.I.Y. or Die“ auf norddeutschen Leinwänden

„Vergesst die Kunsthochschule – dieser Film ist alles, was ihr braucht“, schrieb ein Online-Magazin über Michael W. Deans nicht ganz abendfüllende Beschäftigung damit, „wie man als unabhängiger Künstler überlebt“. Dabei löst D.I.Y. or Die – How To Survive As An Independent Artist die Beantwortung der Frage nach dem „Wie“ gar nicht recht ein. Dafür kommen gut 30 solcher Künstler aus verschiedenen Sparten über das „Warum“ zu Wort – oder, unausgesprochen, vielmehr: „Warum immer noch?“.

Denn seien es Musiker, Comiczeichner oder Bildhauer, Neo-Pop-Art-Collagekünstler, Fotografen, Schreiber oder ein Punkrock-Roadie, zu einigem Wohlstand gekommene vormalige Underground-Ikonen oder kaum je außerhalb ihres speziellen Bereiches zur Kenntnis genommene ewige Geheimtipp-Kandidaten: Als einende Qualität arbeitet Dean, Autor des Low-Budget-Handbuches $ 30 Film School, die Hartnäckigkeit seiner Gesprächspartner heraus, den Willen zum Weitermachen, auch wenn jede Anerkennung ausbleibt und das eigene Tun weitgehende Ignoranz erfährt; D.I.Y., „do-it-yourself“, sonst macht es, was auch immer, niemand.

Woraus die meisten hier zu Wort Kommenden eine Feier des Individuums und seiner Schöpfungskraft ableiten, eine Art romantisches Künstlerideal im Lower-Eastside-Bohème-Outfit. Als „alternative Forschungsreise durch den Amerikanischen Traum“ wurde der Film nicht unzutreffend in einer Rezension zusammengefasst. Einzig Ian MacKaye, Fugazi-Sänger, Dischord-Labelbetreiber und überhaupt ein alter Hase in den hier verhandelten Fragen, erwähnt auch die Bedeutung und Stärke von Szenen und Netzwerken, von denen etliche der hier Gezeigten profitiert haben.

„Independent as fuck“, und damit nicht unähnlich Deans D.I.Y.-Lesart, lautet (mit einigem Recht) der Slogan des New Yorker HipHop-Labels Definitive Jux. Es steht für eine ganze Welle betont DIY-inspirierter, ähnlich gelagerter Unternehmungen nicht nur in New York, nicht nur in Sachen HipHop. Dass sein Kopf, der störrische MC und Producer El-P, in D.I.Y. or Die fehlt, ist symptomatisch: Nachdem Dean seine Interviewpartner auch nach persönlicher Affinität ausgesucht hat, widmet sich sein Film beinahe ausschließlich einer einzigen, wesentlich durch Punk geprägten Künstlergeneration. Ein paar Blicke mehr über den geschmacklichen Tellerrand hätten da gut getan. Aber am Ende heißt es ja konsequenterweise: „Go make your own movie!“ – und in dem ist dann ja vielleicht alles richtig. ALEXANDER DIEHL

Freitag, 20 Uhr, Hamburg, Lichtmeß, Gaußstr. 25; Sonnabend, 21 Uhr, Kiel, SubRosa, Elisabethstr. 25