Andreas Bodes „Parzival“ wird in einer Neubearbeitung auf Kampnagel gespielt
: Eine klassische Heldenreise

„Das Ding ist so überbordend. Da muss man sich entscheiden. Entweder man reduziert sich oder man spielt eine ganze Welt“, sagt Andreas Bode. Ein junger, äußerst aufgeräumter Regisseur mit wachem Blick und spitzbübischem Lächeln. Seine Diplominszenierung des Parzival von Wolfram von Eschenbach sorgte schon bei der Uraufführung im März vergangenen Jahres für Aufsehen. Nun kommt sie in einer Neubearbeitung noch einmal auf Kampnagel heraus.

Was macht diesen Abend so spektakulär? Zunächst der unermessliche Reichtum an Ideen und Sinneseindrücken, aus dem der 31-jährige Regisseur, Absolvent des Hamburger Studienganges Schauspieltheater-Regie und sein Team zu schöpfen scheinen. So mancher mag sich davon fast überflutet fühlen. Dabei bewies Bode jüngst mit Schillers „Jungfrau von Orleans“ ebenfalls auf Kampnagel, dass er sich gleichfalls auf das Stilmittel der Reduktion versteht. An einem gewissen Hang zur Bilderwut ist sein Faible zum Musiktheater mitschuld, weniger seine Assistentenzeit bei Robert Wilson.

„Ich glaube, dass man Theater in Bildern erzählen muss. Das können kleine Bilder sein oder solche, die eine Welt aufbauen. Ich liebe den König der Löwen“. Zugute kommt Bode dabei, dass der mittelalterliche Stoff des Parzival eher „unbehauen“ und „archaisch“ wirkt und viel Raum für Einfälle der Regie lässt. Die Figuren sind psychologisch nicht so ausformuliert wie im modernen Drama. Ob Bühnenbild, Textbearbeitung oder Kostüme: Jedes Element eröffnet in Bodes Inszenierung eine eigene Welt und lässt sich alleine lesen. Hinzu kommt eine Reihe Lieder, für die der auch in Wien ausgebildete Regisseur und Komponist Bode Minimalmusik mit Eichendorff-Texten verbindet.

Dann die Bearbeitung des Stoffes: Bode hat den Mythos des tumben Gralssuchers Parzival radikal neu gedeutet. Auch hier wird Parzival von seiner Mutter Herzeloyde – einer Art Aussteigerin – vor der Welt in einem abgeschiedenen Baumhaus beschützt. Dort im Wald trifft er des Nachts auf die Ritter, die ihn sofort faszinieren. Schließlich wählen sie ihn aus, den Heil bringenden Gral zu suchen. Zwar begibt sich Parzival auch bei Bode auf die lange Reise, die ihn mit Hilfe seines Lehrmeisters Wolfram von Eschenbach schließlich zur Gralsburg führt, doch dazwischen macht er eine eigene Entwicklung durch. Er emanzipiert sich von seinem Lehrmeister und den Rittern und wird seinen eigenen Weg gehen. Wie der aussieht, soll hier nicht verraten werden.

Gespielt wird Parzival von einer famosen Darstellerriege aus 30 hochmotivierten JungschauspielerInnen. Claudia Renner – mittlerweile Ensemblemitglied am Thalia Theater – ist als überdrehte Mutter leider nicht mehr mit von der Partie. Charlotte Pfeiffer wird der Figur, die in der Uraufführung kieksend mit Langfinger durchs Baumhaus stolzierte, dafür noch eine weitere Dimension geben. „Die ist einfach so krass, dass er einfach da weg muss“, erläutert Andreas Bode seine Interpretation. Herausragend schon damals: Jana Schulz. Seit dieser Spielzeit neu am Schauspielhaus übernimmt sie erneut die Titelrolle.

„Ich brauchte jemanden, der wirklich sensibel ist, der diese Zartheit transportieren kann. Junge Schauspieler wollen lieber ihre Männlichkeit ausspielen und sind als Ritter besser aufgehoben“, erklärt Bode. Was aber fasziniert den jungen Regisseur an dem Parzival-Mythos? „Eigentlich ist es die klassische Heldenreise, die wir uns jeden Tag in Hollywoodfilmen wie Krieg der Sterne ansehen können. Das lässt uns nicht los“, erzählt der Regisseur. Für die Neuinszenierung wird es einige Änderungen geben: „Wir wollen genauer sein. Wir haben die Musik noch verstärkt und sparen eine halbe Stunde ein“, so Bode, „Das Stück soll zunächst mal seine Wirkung hinterlassen und nicht gleich Fragen aufwerfen.“

Caroline Mansfeld

Parzival, Premiere Mittwoch, weitere Vorstellungen 31.10., 1.11., 7.-9.11., 14.+15.11., 20+21.11., jeweils 19.30 Uhr, Kampnagel [k2]