Der Verlierer lächelt und trinkt ein Kölsch

Bei seiner Rückkehr an den Rhein kassiert Klaus Toppmöller mit dem Hamburger SV ein ernüchterndes 0:3. Ex-Club Bayer Leverkusen beendet seine Niederlagenserie und serviert dem früheren Trainer ein Bier passend zur Frisur

LEVERKUSEN taz ■ So manch ein Trainer hätte die Flucht ergriffen. Klaus Toppmöller, der glücklose Trainer des Hamburger SV, hatte eben eine ernüchternde 0:3 (0:1)-Niederlage in Leverkusen eingesteckt, der hanseatische Traditionsklub mit den großen Ambitionen verharrt weiterhin auf einem Abstiegsplatz, und natürlich musste sich Toppmöller in der Pressekonferenz fragen lassen, wie lange er noch arbeiten werde in Hamburg. Der Mann mit der ewigen Minipli-Frisur hatte darauf recht lässig reagiert, Fragen dieser Art erlebe er, sagte er achselzuckend, schließlich „schon seit Wochen“. Manch einer in seiner prekären Lage wäre geflüchtet. Was aber machte Toppmöller? Er ging an den Tresen des kleinen Presseraumes und bestellte sich in aller Ruhe ein Kölsch. Und ein Lächeln huschte über sein zuvor noch düsteres Gesicht.

Natürlich, es war kein feierliches Prosit auf die hohe Niederlage. Toppmöller, der unverbesserliche Romantiker, beging vielmehr auf diese Weise seine Rückkehr an die Stätte seiner größten Erfolge. Von 2001 bis 2003 hatte er Bayer Leverkusen gecoacht und bis ins Finale der Champions League geführt. Die gewohnte Umgebung erinnerte ihn daran, wie er nach dem glorreichen Sieg gegen Barcelona das Trikot von Patrick Kluivert erobert hatte; wie sie das Defensivmonster FC Liverpool zerlegt hatten; wie sie beinahe Deutscher Meister geworden waren; wie ganz Fußball-Europa den enthusiastischen Offensiv-Stil seiner Mannschaft bejubelt und gewürdigt hatte. Deswegen hatten ihn die Leverkusener Fans am Ende dieses Nachmittags mit „Toppi, Toppi“-Rufen gefeiert, was Toppmöller auch damit erklärte, dass die Anhänger eben wüssten, „dass ich einer von Ihnen bin“. Und deswegen stand er zur Überraschung der Hamburger Journalisten jetzt noch da, trank ein Bier und klönte mit einstigen Weggefährten. Es war wie früher. In diesem Moment verflogen all die Probleme der Gegenwart. Die Macht der Erinnerung hatte sie zerstoben.

Sein Nachfolger Klaus Augenthaler hatte den Raum da schon lange verlassen. Beileibe nicht aus Scham oder Frust, aber es war eben schnell alles gesagt an diesem ziemlich schauerlichen Nachmittag in der vollbesetzten BayArena. Nicht umsonst hatte Augenthaler das Spiel mit der harten Arbeit auf einer Galeere verglichen. Hatten seine Spieler diesen Sieg doch mehr oder minder zusammen gestolpert; die Tore von Krzynowek, Juan und Berbatov entsprangen weiß Gott keiner spielerischen Souveränität, die Mannschaft war Äonen entfernt von den Glanzlichtern gegen Real oder gegen die Bayern. Schon gar nicht spiegelte dieser Sieg ein überlegenes Chancenverhältnis, denn der Gast hatte seine vielen herausgespielten Möglichkeiten eben nur kläglich vergeben, da Torhüter Butt, der in den Wochen zuvor heftig vom Boulevard kritisiert worden war, einen guten Tag erwischt hatte. Augenthaler wirkte trotz der vielen Fehlpässe und Löcher in der von Nowotny organisierten Abwehr dennoch mehr als zufrieden: „Dieser Sieg ist schöner als der gegen Bayern München“, sagte der 47-Jährige.

Schließlich hatten sie zuletzt drei Niederlagen in Folge kassiert. Bei einer weiteren Niederlage wäre womöglich auch beim Bayer 04 Leverkusen eine Trainerdiskussion vom Zaun gebrochen worden. Die Zeitungen warfen dem Team zuletzt mangelnde Motivation gegen so genannte „kleine“ Gegner vor, und dass Augenthaler seine Spieler in diesem Punkt nicht erreiche. Klaus Augenthalers Reaktion darauf wirkte beinahe trotzig: „Die Mannschaft ist doch trainierbar.“ ERIK EGGERS