Die Vertraute des Chefs: Angelika Marienfeld

Peer Steinbrücks erste Wahl: Wenn Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident ein Personalproblem hat, rückt Angelika Marienfeld nach. Seit 2003 leitet die Juristin die Berliner Vertretung des Landes. Jetzt wird sie Chefin der Staatskanzlei

Am 15. Oktober löst sie den glücklosen Wolfram Kuschke ab: Die 50-jährige Staatssekretärin Angelika Marienfeld setzt an zum nächsten Karrieresprung, wird Chefin der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei. Dort soll die bisherige „Bevollmächtigte des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bund“ Peer Steinbrück den Rücken freihalten – der SPD-Regierungschef will sich auf den Wahlkampf, auf die Auseinandersetzung mit seinem CDU-Herausforderer Jürgen Rüttgers konzentrieren. Mehr Format in der Leitung der Regierungszentrale: Steinbrück ist „froh“, Marienfeld gewinnen zu können – die Juristin sei eine „exzellente Verwaltungsexpertin“, lobt er.

Unbegründet ist Steinbrücks Vertrauen nicht, erst recht kein „Akt personalpolitischer Verzweiflung“, wie von der Opposition beschrieben: Marienfeld ist erfolgreich, nicht erst in Berlin. Nach dem zweiten Staatsexamen wurde sie mit 30 Finanzbeamtin, schaffte schon ein Jahr später den Sprung ins Düsseldorfer Finanzministerium – und machte dort Karriere. Seit 1996 leitete sie die finanzpolitische Grundsatzgruppe, seit 2001 die Abteilung für „Geld- und Kapitalverkehr“: Schon bevor Ex-Finanzminister Steinbrück wegen des überhasteten Abgangs seines Vorgängers Wolfgang Clement in die Berliner Bundespolitik Ministerpräsident werden durfte, war Marienfeld eine seiner wichtigsten Mitarbeiterinnen.

Am 18. März vergangenen Jahres glückt ihr der Wechsel von der Beamtenkarriere im Hintergrund auf die repräsentativ-politische Bühne: Steinbrück versetzt die von ihm zunächst selbst vorgeschlagene Leiterin der Berliner Vertretung, Jutta Köhn, „mit sofortiger Wirkung in den einstweiligen Ruhestand“. Köhn hatte innerhalb von vier Monaten die Beschäftigten gegen sich aufgebracht, die Vertretung machte nur noch durch Skandälchen Schlagzeilen.

Marienfeld ordnet das Chaos: Die Spitzenbeamtin gilt als kompetent, managt Kabinetts-, Landtags- und Bundesangelegenheiten, kümmert sich um Finanzausgleich und Föderalismuskommission. Wichtiger noch: Sie schafft es, der blassen Vertretung ein neues Image zu geben. Endlich taucht das 2001 eingeweihte, durch Holz, Glas und Stahl progressiv wirkende Haus an der Berliner Hiroshimastraße immer öfter als Adresse für Treffen, Vorträge, Ausstellungen auf. Jüngster Höhepunkt des Cross-Media-Marketings: Auf Initiative der WDR-Jugendwelle EinsLive lässt Marienfeld die Toten Hosen das Haus rocken – die Düsseldorfer Punkrocker werden vom Rhein eingeflogen, 200 Fans inclusive. Die Staatskanzlei gilt dagegen als schlecht geführt: Auch hier Schlagzeilen, diesmal um Indiskretionen, offen stehende Tresore, verschwundene Unterlagen und lethargische Mitarbeiter. Viel Arbeit für Angelika Marienfeld. ANDREAS WYPUTTA