Viele Raritäten für die kleinen Portmonees

Auf der „2. Handmesse“ gemeinnütziger Vereine in Mülheim suchen professionelle Flohmarktgänger und weniger betuchte Familien Gebrauchsgegenstände und seltene Stücke. Die allgemeine Konsumflaute ist auch hier spürbar

KÖLN taz ■ Draußen auf dem Wiener Platz ist Straßenfest mit Dixielandband, drinnen dringen gepflegte Jazztöne ans Ohr, dargebracht vom Rheinauquintett: Die „2. Handmesse“ in der Mülheimer Stadthalle ist eine kleine, aber gediegene Veranstaltung. Als erstes fällt ein großer Kleiderschrank ins Auge, der rechts in der Ecke steht. Das gute Stück ist aus hellem Holz, aufgearbeitet und ein echtes Schnäppchen. „Schlafzimmer, 30er Jahre, 180 Euro“, informiert der angeklebte Zettel. Und: „Verkauft.“

Nicht ärgern, weiterschauen. Studenten stöbern nach freakigen Accessoires, professionelle Flohmarktgänger stecken ihre Nasen in alte Bücher und Videokassetten, ärmlich aussehende Familien kaufen gebrauchte Elektrogeräte, Hausrat und günstige Kleidung. „Wir haben oft auch ausländische Familien bei uns, die sich in den normalen Geschäften über den Tisch gezogen fühlen“, berichtet Wolfgang Mehl, der ehrenamtlich für emmaus arbeitet. Der gemeinnützige Verein betreibt, genau wie die anderen Anbieter hier, ein Möbel- und Kleiderlager. Er ist neben der Mütze, HoSe, SKM, SSM und „Zug um Zug“ Veranstalter dieser Second Hand-Messe. Ihre Waren bekommen sie in Form von Einzelspenden oder bei Haushaltsauflösungen. emmaus sortiert im Niehler Verkaufslager alles so weit vor, dass man ganz schnell eine Jeanshose in der passenden Größe findet.

Die Atmosphäre ist locker, die Preise günstig. Manches geht hier sogar weit unter Flohmarktpreis weg. Nur mit dem Feilschen sollte sich zurückhalten, wer doch den einen oder anderen Euro erübrigen kann. Schließlich fließt der ganze Erlös in gemeinnützige Projekte. Um 15 Uhr betritt eine junge Frau die Bühne. „Ab jetzt ist alles 20 Prozent billiger“, ruft sie ins Mikrofon. Um 16 Uhr wollen die Leute Feierabend machen und möglichst wenig wieder im Transporter mit zurück nehmen.

Ein Original 70er-Jahre-Sessel in orange-grünem Blumendessin weckt Erinnerungen an die Wohnzimmertapete der Kindheit. Für nur 40 Euro steht er abholbereit da. Willi Kocks berichtet von seiner speziellen RTL-Connection. „Wenn RTL eine Serie abgedreht hat, können wir die Sachen aus den Studios abholen.“ Die sind dann für das Basislager der „Bürger für Obdachlose“ (BfO). „So bekommen wir oft ungebrauchte Dekorationsstücke und neue Möbel“. Eine Beziehung zum beiderseitigen Nutzen: Weil die Studios in der Nachbarschaft sind, decken sich Film- und Serienrequisiteure bei BfO günstig mit Möbeln ein.

„Das Publikum hat weniger Geld dieses Jahr“, glaubt Kocks bemerkt zu haben. Das kann Christoph Franzen von der Mütze nur bestätigen. „Wir haben viel Hausrat verkauft, aber unsere teureren Sachen sind nicht weggegangen.“ Liegen geblieben ist unter anderem ein weißes, über 100-teiliges Porzellan-Geschirrset für zusammen 250 Euro. Es muss jetzt für den Rücktransport sorgsam wieder eingepackt werden. Doch auch kleine Sachen machen glücklich: Zwei Frauen um die 50, die „nur mal so zum Gucken“ gekommen sind, führen sich ihre Errungenschaften vor. Eine neue Handtasche für zwei Euro, ein Teig-Spritzdüsenset für 50 Cent. Das zaubert ihnen ein breites Grinsen ins Gesicht: „Super Preise hier!“

Silke Freude