religionsunterricht
: Katholische Kirche pokert zu hoch

Die katholische Kirche Berlins gibt nicht auf. Sie lehnt den mühsam von der evangelischen Kirche erarbeiteten Kompromissvorschlag zur Neuregelung des Religionsunterrichtes ab. Während sich die Evangelen vorstellen können, dass im neuen Berliner Schulgesetz ein Pflichtfach Philosophie/Ethik verankert wird, ohne dass Religion ein ordentliches Lehrfach wird, lehnen die katholischen Kirchenpolitiker dies ab. Religion, so ihre Forderung, muss ein richtiges Lehrfach werden. Strategisch-pragmatische Kompromisse kommen für sie nicht in Betracht.

Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF

Aus der Warte der Kirche ist diese Haltung nur mehr konsequent zu nennen. Doch ist sie auch realistisch? Anders als im übrigen Bundesgebiet ist in Berlin seit Jahrzehnten Religionsunterricht nicht mehr gleichgesetzt mit Mathematik oder Deutsch. Berlin muss und soll diese Frage auch grundlegend anders betrachten, als es das übrige Bundesgebiet tut. Denn Berlin war erst geteilt und zur Hälfte entchristlicht – und ist nun multipel-religiös. Längst ist die Stadt Heimat von Menschen verschiedenster Herkunft und religiöser Glaubensrichtungen. Daher lässt sich hier die Uhr nicht zurückdrehen.

Die Zeiten eines trauten katholisch-protestantischen Monopols sind vorbei. Nun hat sich die katholische Kirche stets wenig um Trends und aktuelle Erscheinungen gekümmert, schließlich gibt es sie schon länger, als es Berlin gibt. Aber es drängt sich doch die Frage auf, ob den Schulen die leidige Dauerdebatte – ohne tragfähige Kompromisslösungen – gut tut. Das Beharren auf Lösungen, die nur andernorts Konsens sind, schafft Misstrauen und Ressentiments. Mit Sicherheit wäre die Variante eines staatlichen, bekenntnisfreien Philosophie/Ethik-Unterrichtes – mit der Wahlmöglichkeit katholischer, evangelischer, islamischer oder buddhistischer Religionsunterricht – hier eine bessere Lösung, als weiterdiskutieren bis zum Jüngsten Tag.