beim barte des irischen propheten von RALF SOTSCHECK
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Darauf haben die Iren gewartet: Pünktlich zur Frankfurter Buchmesse ist die Ausgabe für das Jahr 2005 des „Old Moore’s Almanac“ erschienen. Das Wort „Almanach“ stammt aus dem Arabischen und bedeutet „Himmelskalender“. Moore’s Almanac ist aber weit mehr. Er ist eine Bauernbibel mit Informationen über Gemüsemärkte, Gezeiten, Sonnenaufgänge sowie Tipps für die Besamung von Kühen und Schafen. Zudem enthält das Werk Kniffe für den modernen Haushalt und Daten für Pferderennen. Am interessantesten aber sind die Voraussagen für das kommende Jahr.

So werde die irische Polizei im Dezember 2005 verschärfte Kontrollen wegen Trunkenheit am Steuer durchführen. Nun, das macht die Polizei seit zwei Jahrzehnten wegen der vielen Betriebsweihnachtsfeiern jeden Dezember. Und im September 2005 werden die irischen Grundstückspreise steigen. Das werden sie aber auch den Rest des Jahres. Genauso könnte man voraussagen, dass der 1. Mai auf einen Sonntag fällt. Außerdem soll irgendeine arabische Organisation 2005 irgendwo irgendeinen Terroranschlag verüben. Eine gewagte Prophezeiung!

„Moore’s Almanac“ wurde im 19. Jahrhundert von dem Astrologen und Mathematiker Theophilis Moore erfunden, der unter dem Spitznamen „irischer Merlin“ bekannt war. 70 Jahre zuvor hatte ein Sir Francis Moore, ein königlicher Physiker, einen „Moore’s Almanac“ in Großbritannien herausgegeben. Die beiden alten Moores leben natürlich schon lange nicht mehr. Der neue Moore ist seit sieben Jahren der 49-jährige Julian de Burgh, der Wert darauf legt, nicht mit der Heulboje Chris de Burgh verwandt zu sein.

Julian de Burgh hält sich für den legitimen Nachfolger des irischen Merlin. „Als ich 16 war“, erzählt er, „bin ich mit meiner Freundin Motorrad gefahren. Plötzlich hatte ich die Vision eines schrecklichen Unfalls und musste anhalten. Als wir weiterfahren, kamen wir an einer Stelle vorbei, wo gerade ein schrecklicher Unfall geschehen war, ganz so, wie ich es meiner Freundin beschrieben hatte.“

Seitdem beschäftigt er sich mit Prophezeiungen und hat einige schöne Erfolge vorzuweisen. So sagte er 1999 für den 22. März voraus, dass es in Irland regnen werde, während es in der saudi-arabischen Wüste trocken bleibe. Im vorigen Jahr prophezeite er, dass der Februar 2004 mit 29 Tagen den höchsten Stand seit vier Jahren erreichen werde.

Es wurmt de Burgh, dass er von vielen belächelt wird. Aus Platzgründen, so behauptet er, könne er nicht so detaillierte Voraussagen machen, wie er möchte. Aber seine Privatkunden, zu denen irische Abgeordnete, Schweizer Bankiers und das saudische Königshaus zählen, seien mit ihm sehr zufrieden. Falls eine seiner extravaganten Prophezeiungen im nächsten Jahr eintritt, wird sich niemand mehr lustig über ihn machen: So soll die European Space Agency im März eine verschlüsselte Nachricht von der verschollenen Marssonde „Beagle 2“ erhalten. Experten gelingt es schließlich, den Text zu entziffern. Die Botschaft lautet: „Wenn ihr eure Sonde wiedersehen wollt, vergrabt 50 Milliarden Rial unter dem Tempel in Mekka. Keine Polizei. Kommando 100 Prozent Arabica.“ Beim Barte des Propheten!