Mammutmandat für kleinere Mission

Der UN-Sicherheitsrat verweigert Kofi Annan die geforderte Aufstockung der Blauhelmtruppe im Kongo auf knapp 24.000 Mann. Dafür gibt er ihr mehr Kompetenzen als bisher. Jetzt ist der Generalsekretär sauer

BERLIN taz ■ Der UN-Generalsekretär war empört. Der Sicherheitsrat sei seinen Empfehlungen zur Stärkung der UN-Blauhelmmission in der Demokratischen Republik Kongo nicht gefolgt, und daher sei die Mission gezwungen, „das Ausmaß ihrer möglichen Unterstützung für den Friedensprozess zu überdenken“, sagte Kofi Annan am Freitagabend. „Ich hoffe, dass der Rat sich den Bedürfnissen der Mission erneut zuwenden wird“, schloss er in deutlichen Tönen seine Erklärung nach der einstimmigen Verabschiedung der Resolution 1565 durch den Sicherheitsrat. Darin wird die Höchststärke der UN-Mission im Kongo (Monuc) nur von 10.800 auf 16.700 erhöht – statt auf 23.900, wie Annan im Einklang mit der Monuc gefordert hatte.

Dass die Forderung heikel ist, wusste Annan, als er sie im August stellte. Schon Ende Juli hatte der Sicherheitsrat das Monuc-Mandat nur um 2 statt wie üblich 6 Monate verlängert, weil es keine Einigkeit zwischen den Großmächten über die Zukunft der Mission gab. Als der Generalsekretär dann unter dem Eindruck eines Massakers an kongolesischen Flüchtlingen in Burundi Mitte August die Maximaloption von 23.900 Soldaten vorlegte und Frankreich, das traditionell die Kongo-Resolutionen des UN-Sicherheitsrats schreibt, Anfang September den Entwurf einbrachte, kam Widerstand vor allem von den USA, aber auch aus der EU gegen die Kosten einer so großen Mission. Nach 4 Wochen Tauziehen kam das heraus, was pessimistische UN-Mitarbeiter sowieso befürchtet hatten: eine Erhöhung der Truppenstärke um 5.900 statt 13.100 Mann – zu einem Zeitpunkt, wo sich lokale Konflikte im Ostkongo erneut ausbreiten.

Damit wird die Kongo-Mission immer noch die größte der UNO, knapp vor der in Liberia, wo rund 15.000 Soldaten in einem Land mit drei Millionen Einwohnern stehen – der Kongo hat 20-mal mehr. Zum Ausgleich für die geringere Truppenstärke beschloss der Rat ein beispiellos ausgeweitetes Mandat. Die UN-Blauhelme dürfen zum ersten Mal „alle notwendigen Mittel“ einsetzen, um Gewalt abzuschrecken, mutmaßlich illegal eingeführte Waffen zu beschlagnahmen und zu zerstören, die Regierung zu schützen und die Rückkehr von Flüchtlingen abzusichern. Außerdem sollen sie die Entwaffnung irregulärer ausländischer Milizionäre auf kongolesischem Gebiet sowie deren Demobilisierung und freiwillige Repatriierung unterstützen, die Demobilisierung der kongolesischen Bürgerkriegsarmeen absichern, das Umfeld für freie Wahlen herzustellen, Menschenrechtsverletzungen untersuchen und die Allparteienregierung des Kongo beraten.

Annan soll sich nun innerhalb eines Monats überlegen, wie die Monuc reformiert werden könnte, um das alles tun zu können. Nebenbei, so Resolution 1565 weiter, soll der UN-Generalsekretär auch noch sämtliche Aktivitäten der im Kongo sehr mächtigen UN-Hilfswerke koordinieren. Kein Wunder, dass Annan nach dieser Mammutresolution etwas verschnupft wirkte. Das neue Mandat gilt für 6 Monate, bis Ende Februar 2005 wird Bilanz gezogen, ob es funktioniert hat. Nach dem geltenden Zeitplan amtiert die derzeitige Allparteienregierung des Kongo bis Ende Juni 2005 und macht dann einer gewählten Regierung Platz, mit der Möglichkeit einer einmaligen Verschiebung um 6 Monate. DOMINIC JOHNSON