Deutsches Braunbier

Im „Club 88“ zu Neumünster feierten am Wochenende 250 Neonazis. Polizei hielt sich „angemessen“ zurück

Neumünster taz ■ Etliche Gäste stehen vor der kleinen Szenekneipe in Neumünster. Bestgelaunt trinken die meist jungen Männer und Frauen auf der Segeberger Straße ein Bier. Andere Gäste der Kneipe sitzen unter Festzelten auf Holzbänken im hinteren Garten. Die kleine Kneipe im Stadtteil Gadeland mit dem programmatischen Namen „Club 88 – The very last resort“ (Heil Hitler – der allerletzte Ausweg“) hat zur Geburtstagsparty geladen. Über 250 Neonazis sind am Samstag zum achtjährigen Jubiläum des Clubs gekommen. „Es gab keinen Anlass zum Eingreifen“, betont ein Polizeisprecher gegenüber der taz.

Seit 1996 führt Christiane Dolscheid den Club direkt gegenüber einer Grund- und Hauptschule. Gerne trinken die Neonazis mal unter der Woche dort ein deutsches Bier, oder sie lauschen am Wochenende einem rechten Barden. „Abgesehen von den kleinen Räumlichkeiten“, schwärmt der Holsteinische Widerstand, „kann man sich hier über nichts beklagen“. Die Clubmacher bieten auch Fußballturniere und Koma-Saufen an.

Dass einer der Macher, Peter Borchert, wegen Waffenhandel zurzeit im Lübecker Gefängnis sitzt, behinderte die Geburtstagsvorbereitungen nicht. Vor Wochen begannen die Organisatoren, für die Party zu werben – sowohl bei den „Freien Kameradschaften“ als auch bei der NPD.

Die alten Feindschaften sind spätestens seit dem Wahlerfolg der rechtsextremen Partei in Sachsen auch im Norden beigelegt. Führende Kader der „Freien Kameradschaften“ wie Thomas Wulff störten sich lange an der legalistischen Parteipolitik – nun ist Wulff selbst Parteimitglied. Ein politisches Signal, das in die Szene wirkt. Für die Geburtstagsparty warb die NPD-Zeitung Deutsche Stimme auf ihrer Website.

Manche Hamburger Clubfreunde kamen etwas später zum Fest. Vielleicht, weil sie noch am Vormittag in Niendorf und Wandsbek bei den Straßenaktionen gegen Hartz IV mitgemacht hatten. Mit Schröder- und Merkel-Masken sowie Umhängeschildern, auf denen „Sozialabbau, Rentenklau, Überfremdung – dafür stehen wir!“ prangte, verteilten sie in den Fußgängerzonen Flugblätter.

Auf Anfrage des Vereins „Grenzgänger“ an den Neumünsteraner Stadtrat Günter Humpe-Waßmuth, „was die Stadt gegen die Feierlichkeit unternehmen wolle“, antwortete dieser schriftlich, dass „hinsichtlich der Eigenart der zu erwartenden Gäste“ die Polizei die „Lage angemessen begleiten“ werde. Zudem empfahl Humpe-Waßmuth den „direkten Kontakt mit rechtsextremen Personen zu vermeiden“.

Offenbar „angemessen“ hielt sich die Polizei auch am Samstag zurück. „Wir haben keine Personalien festgestellt oder Fahrzeuge überprüft“, sagt ein Sprecher. Gegen vier Uhr früh fuhren die letzten Partygäste nach Hause.

Andreas Speit