Hochbahn bleib‘ Hochbahn

Diskussion über oberirdischen Schienenanschluss der Hafencity. Grund sind die Kosten einer U-Bahn und die Sorgen der Einzelhändler vor einer Baustelle in der Mö

Der Senat gerät mit seinen Plänen für einen U-Bahn-Anschluss für die Hafencity zusehends unter Druck. Nachdem der Architekt und Stadtplaner Gerhard Bolten eine Hochbahntrasse zur Diskussion gestellt hat, verlautbarte die Handelskammer, sie habe sich nicht auf eine bestimmte Alternative festgelegt. Ex-Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) warnte, eine U4 im Tunnel sei „die teuerste aller denkbaren Lösungen“. Und die Hochbahn plant vorsichtshalber eine 3,5 Millionen Euro teure Werbekampagne, um den um ihren Umsatz fürchtenden Geschäftsleuten in der Mönckebergstraße die Angst vor einer U-Bahn-Baustelle zu nehmen.

Bolten, einer der Initiatoren des Architektur-Centrums am Stephansplatz, hatte seinen Vorschlag bereits Ende Juni verschiedenen Behörden und Institutionen vorgestellt. Nachdem sich Senatskanzlei und Stadtentwicklungsbehörde „nicht erkennbar mit dem Vorschlag beschäftigt“ hatten, ging er damit an die Öffentlichkeit.

Er schlägt vor, die U4 nicht in der Mö, sondern am Baumwall / Ecke Kajen auszufädeln und auf Stelzen durch das Loch im Gebäude Kehrwieder 12 nach Süden zur künftigen Elbphilharmonie zu führen. Von dort aus könnte die Bahn auf Höhe der Warften auf dem Dalmannkai zum Magdeburger Hafen fahren. Auf einer malerischen Brücke würde das Baakenhöft erreicht, von dort aus die Überseebrücke mit ihrem angedachten Bürozentrum und einem S-Bahnhof. Die Brücke biete ausreichend Platz für den Sprung der „U“-Bahn über die Elbe. Mit einer Haltestelle am Übersee-Zentrum, dem möglichen Olympiagelände könnte sie quer über den Grasbrook zum künftigen IGA-Gelände in Wilhelmsburg fahren.

Bolten zufolge wäre eine Hochbahn 40 bis 60 Prozent billiger als eine U-Bahn und im Hinblick auf die schwierigen Verhältnisse im Hafen „überhaupt erst sicher kalkulierbar“. Durch die Verknüpfung mit der S-Bahn an der Überseebrücke würde sie einen zweiten Weg zum Hauptbahnhof öffnen und wäre so leistungsfähiger.„Die indirekten Folgekosten einer Baustelle im Haupteinkaufsbereich entfallen“, sagt Bolten. Die CDU-Fraktion erklärte seinen Vorschlag für nicht realisierbar.

Bolten nehme die Gegebenheiten auf dem Kleinen Grasbrook nicht zur Kenntnis, sagte Fachsprecher Henning Finck. Eine Stelzenbahn müsste den Hafenbahnhof Süd mit acht Gleisen überqueren und das historische Ensemble der 50er-Schuppen durchschneiden, behauptet er. Für den Sprung über die Elbe seien sie ungeeignet.

Anders sieht das der Ex-Koalitionspartner der CDU, die FDP. Stadtentwicklungssenator Michael Freytag (CDU) möge seinen Tunnelblick aufgeben und die Stelzenbahn ins Auge fassen, bat der Liberale Lothar Hänsch. „Eine am Fenster vorbeifahrende U-Bahn hat auch Gruner+Jahr nicht davon abgehalten, im Hafen zu investieren.“ Die SPD verlangte eine elektronische Volksbefragung. Die GAL forderte den Senat auf, die Kosten-Nutzen-Analyse für die Hochbahn zügig auf den Tisch zu legen. Nur wenn die U-Bahn dort hinreichend gut bewertet wäre, könnte der Senat auf Bundeszuschüsse rechnen.Gernot Knödler