Aktivisten hoffen auf GAL

Weil sie in die Hamburger Landesvertretung in Berlin eindrangen, haben Berliner Studierende Verfahren am Hals. Die Hamburger GAL soll sie jetzt retten – durch sanften Druck auf die CDU

AUS BERLIN PETER NOWAK

Am Sonntag bekommt die Hamburger Grün-Alternative-Liste (GAL) Post aus Berlin. In einem offenen Brief wird die GAL als Hamburger Regierungspartei aufgefordert, sich für die Rücknahme der Anzeigen gegen 25 Studierende einzusetzen, die sich am 31. Mai 2006 an einem Go-in in der Hamburger Landesvertretung in Berlin-Mitte beteiligt hatten.

Mit dem Go-in wollten die Studierenden gegen die Einführung von Studiengebühren durch den damaligen Hamburger CDU-Senat protestieren. Unterzeichnet worden ist der Brief von Berliner Studierenden, dem Politologen Peter Grottian, dem langjährigen grünen Europaabgeordneten Frieder Otto Wolf und dem AStA der Universität Oldenburg.

„Wir wollten dem Leiter der Landesvertretung einen offenen Brief übergeben, in dem wir uns gegen Studiengebühren aussprachen“, erklärt eine Teilnehmerin der Aktion. Doch der Leiter ließ die Eingangstür verriegeln, rief die Polizei und erstattete Anzeige wegen Hausfriedensbruch.

Mit den in den nächsten Monaten verschickten Strafbefehlen gingen die Betroffenen unterschiedlich um. Während ein kleiner Teil bezahlte, legte die Mehrheit Widerspruch ein. Die Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten endeten mit einigen Einstellungen und Freisprüchen, aber auch mit einigen Verurteilungen. Eine Studentin wartet noch immer auf den Gerichtstermin.

Das Land Hamburg könnte mit einer Rücknahme der Anzeigen die Verfahren nach fast zwei Jahren beenden, begründet Jörg Schneider vom Berliner Solidaritätskomitee den offenen Brief an die Hamburger GAL. Die sei der Adressat, weil sie in der Opposition solche Proteste unterstützt habe.

Der Hamburger Landessprecher der Studierenden in der GEW Fredrik Dehnerdt, der als studentisches Mitglied im Akademischen Senat der Hamburger Universität sitzt, unterstützt den offenen Brief. „Die Strafverfahren gegen die Studierenden hätten weder eingeleitet, noch so lange geführt werden dürfen“, sagt er. Auch er hält die GAL für den richtigen Adressat.

Die innenpolitische Sprecherin der Hamburger GAL, Antje Möller, sagt, sie halte es nach wie vor für falsch, auf gewaltfreie Protestaktionen mit juristischen Mitteln zu reagieren. Es sei allerdings zweifelhaft, ob ein offener Brief das richtige Mittel sei. In dem konkreten Fall könne auch die GAL nichts anderes tun, als den Koalitionspartner in Gesprächen zu einer Rücknahme der Anzeigen zu drängen. Für die große Öffentlichkeit sei die Sache kein Thema. Zu konkreten Initiativen ihrer Fraktion in dieser Angelegenheit möchte Möller darum keine Stellung nehmen.

Jörg Schneider vom Berliner Solidaritätskomitee teilt diese Bedenken nicht. Die GAL solle sich ruhig öffentlich für eine Verfahrenseinstellung aussprechen, findet er. Das sei „ein Zeichen für eine Entkriminalisierung zivilgesellschaftlichen Protests“.