Von Kranich und Urmutter

Angela Merkel stellt auf der Regionalkonferenz in Hannover der Partei-Basis das Herzog-Konzept der CDU vor – und zieht dabei die Lippen verkniffen zusammen

HANNOVER taz ■ Es soll wie ein Lächeln aussehen. Dabei zieht die Vorsitzende bei Klatschern die Lippen nur verkniffen zusammen. Das tut Angela Merkel ziemlich häufig an diesem Abend. Die Partei-Basis stimmt zu, auch wenn es um harte Einschnitte geht. Vielleicht sind die fast 3.000 CDUler froh, dass endlich überhaupt ein Dialog stattfindet. Dass sie endlich nicht mehr nur abnicken und draußen auf dem Land verkaufen müssen, was die Parteigranden vorgeben. Vielleicht ist das das Erfolgsrezept dieser Serie von Regionalkonferenzen, mit denen die CDU-Spitze derzeit durch Deutschland tourt.

Das Thema ist sperrig. Dennoch lauschen die CDUler aus Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt aufmerksam, als Merkel am Mittwochabend in der Kuppelhalle in Hannover die Eckpunkte des Herzog-Konzepts zur Reform von Renten-, Pflege- und Gesundheitssystem vorträgt. Natürlich findet die Parteivorsitzende es „aberwitzig“, was derzeit in Berlin passiert. Dass „was gestern noch ganz sicher schien, morgen schon in Frage gestellt wird“. Und natürlich ist die Union die „einzige Kraft, die das ändern kann“.

Dafür gibt es die Herzog-Kommission. Ein Rentenkorridor soll her, mindestens 45 Beitragsjahre soll jeder haben, „Langzeitstudenten“ erst mit 67 Jahren in Ruhestand dürfen. Beifall. Frauen sollen sechs Jahre pro Kind auf die Rente angerechnet bekommen. Beifall. Und dann der Plan, die Krankenversicherung in ein kapitalgedecktes Prämiensystem umzuwandeln. Auch das gibt Beifall. „In der Merkel steckt die Ur-Mutter“, begeistert sich eine CDUlerin. Und: „Der Stoiber“, der CSU-Chef, der die Herzog-Pläne als „unsozial“ ablehnt, „der ist doch wie ein Kranich.“

Nach einem foliengestützten Co-Referat, in dem Generalsekretär Laurenz Meyer betont, dass „wir ein, zwei Stunden mehr arbeiten werden“, geht die Debatte los, noch zwei Stunden lang. Die Partei redet miteinander – und das ist so neu wie ermüdend.

„Wenigstens gibt es Bier hier“, sagt ein niedersächsischer Minister. Aber die Basis hat viele Fragen an ihre Parteioberen. Einer stellt sich glatt in Merkel-Reichweite aufs Podium statt auf die Ränge und klagt, dass die „Kopfpauschale“ für ein Ehepaar mit Kindern bei gut 500 Euro liegt – und wird weggeklatscht. Einem anderen stößt der Begriff „Kopfpauschale“ überhaupt auf, ein weiterer hat Sorge, „dass es an die Rentner geht“. Merkel wird nachher viele Fragen beantworten – und dabei die Lippen zusammen ziehen. Es soll wie ein Lächeln aussehen.Kai Schöneberg

Gestern abend folgte die CDU-Regionalkonferenz Nord in Wismar