Nivea wird zur Kaffeedose

Tchibo-Konsortium erhält den Zuschlag für den Allianz-Anteil bei Beiersdorf. US-Konzern Procter & Gamble hat das Nachsehen. Zuletzt hatten auch Bundeskanzler Gerhard Schröder und CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber auf Allianz Druck ausgeübt

aus HamburgPETER AHRENS

Der Druck auf die Manager der Münchener Allianz-Versicherung war zuletzt einfach zu groß geworden: Die Allianz wird daher ihren 44-prozentigen Anteil an dem Hamburger Traditionsunternehmen Beiersdorf nicht dem US-Riesen Procter & Gamble übereignen, sondern der hanseatischen Tchibo-Besitzerfamilie Herz verkaufen. Das wurde gestern sowohl von Allianz als auch von Tchibo bestätigt. Damit bleibt der Standort Hamburg für die Hersteller von Nivea, Tesa und Hansaplast erst einmal unangetastet. In der Stadt war seit Wochen befürchtet worden, bei einem Verkauf an die US-Firma würde Beiersdorf mittelfristig aus der Stadt verschwinden.

Zuletzt hatten sich neben Bürgermeister Ole von Beust (CDU) auch Bundeskanzler Gerhard Schröder und der bayerische Ministerpräsident CSU-Edmund Stoiber in die Verhandlungen eingeschaltet und hatten die Allianz mehr oder weniger sanft dazu gedrängt, dem deutschen Anbieter Tchibo den Vorrang zu geben – obwohl der Riese P&G wahrscheinlich mehr Geld auf den Tisch hätte packen können. Aber dann hätten sich die Versicherer mit einer wochenlangen öffentlichen Debatte um die Verantwortung für den Ausverkauf deutscher Unternehmen herumschlagen müssen, und die haben die Münchener Manager wohl gescheut.

So wird Tchibo, das jetzt bereits 30 Prozent an Beiersdorf gehört, weitere 19,6 Protzent hinzukaufen. Der Rest des Allianz-Anteils wird von dem Konsortium aufgekauft, das die Kaffeeröster in den vergangenen Wochen um sich geschart hatten: So übernimmt die Beteiligungsholding der Hansestadt, HGV, zehn Prozent. Die Stadt steigt damit als öffentlicher Anteilsnehmer in eines ihrer renommiertesten Unternehmen ein. 4.600 ArbeitsnehmerInnen schaffen bei Beiersdorf allein in Hamburg, 200 Millionen Euro steuert das Unternehmen fiskalisch zum Haushalt der Stadt bei.

Tchibo-Vorstandschef Dieter Ammer, der den Deal im Auftrag der Herz-Familie unter Dach und Fach brachte, sprach gestern von einer „Lösung, die für alle Beteiligten große Vorteile bringt“. Für das Unternehmen im Stadtteil Eimsbüttel gehe die monatelange Phase der Unsicherheit zu Ende.

Die Börsianer reagierten, wie es in einem solchen Fall üblich ist. Die Aussicht, dass bei Beiersdorf nun künftig nicht Hunderte von Jobs gestrichen werden, wie es bei der Übernahme von Procter & Gamble befürchtet wurde, ließ den Kurs gestern heftig abstürzen. Die Aktie verlor um rund zehn Prozent.