berliner szenen Tupperparty um zwei

„Ich sage mal“

Draußen ist Neukölln, 14 Uhr, Nieselregen. Drinnen ist Gaststätte, vier Gäste, ein mit Bauernmalerei verzierter Zigarettenautomat, und Tupperparty! Die Vertreterin ist eine imposante Erscheinung, von der Kaltwelle über den Webpelz, von der Glitzer-Gürtelschnalle bis zur Bundfaltenhose, die in Cowboystiefeln steckt. „Ich sage mal: zwei Uhr ist doch ’ne Schnapsidee für ’ne Tupperparty!“, findet die Wirtin. „Ihr Gastgeschenk können Sie aber auf alle Fälle behalten“, beschwichtigt sie und führt mich zu ihren Schätzen.

„Ich sage immer, ich mach lieber Präsentationen mit Vorführungen, drüben in der Gartenkolonie, da bin ich oft. Dann machen wir zusammen Konfetti-Hackbraten. Schauen Sie mal, ist das nicht süß?“ Aus ihrer Tasche zieht sie eine Thermosauciere in der Farbe von beiger Mehlschwitze. Ich nicke überwältigt. „Unser Verkaufsrenner ist der „Mahl- Chef“, eine mechanische Reibe, da kann man, ich sage mal, Sahne mit schlagen und Zwiebeln zerkleinern, und weil der durchsichtig ist, sieht man, wie klein die werden.“ Sie schaut mich erwartungsvoll an, ich muss also was sagen. „Ist ja toll, was kostet so was denn?“ – „34,90.“ – „Oha!“ – „Ja, aber Sie haben auf alle Produkte 30 Jahre Garantie. Haben Sie denn schon was von Tupper?“

Ich schüttele den Kopf. „Gar nichts?“ Sie ist entsetzt. „Na, dann werden Sie doch mal Gastgeberin einer Tupperparty für ihre Freundinnen. Da können Sie sich Sterne ertuppern und verbilligt einkaufen.“ – „Ich habe keine Freundinnen!“ Jetzt schweigt sie betroffen. Sie drückt mir den Katalog und mein Geschenk, eine Stullenbox, in die Hand. „Na ja, war halt ein Versuch, ich muss auch noch packen, morgen fahre ich nach Rhodos, mit der Firma. Da machen wir Kommunikationsübungen.“ SARAH SCHMIDT