berliner szenen Bärbel im Fernsehen

Nackichte Vitalisten

Alain Badious Dritter Entwurf eines Manifests für den Affirmationismus schoss Bärbel durch den Kopf. Badiou kritisierte den romantischen Formalismus in der Gegenwartskunst als ein auf seiner Einmaligkeit beharrendes, quasi religiöses Erlösungsphantasma im Kampf gegen die dunkle Macht kommerzieller Massenproduktion. Bärbel sah nackichte Vitalisten auf dem Monte Verità Sonnwend feiern. Auch Spitzwegs armer Poet fiel ihr ein, da waren ihr die Körperfanatiker aber lieber.

Sollte sie das mal in die Runde werfen? Für Artes Paris-Berlin-Debatte musste Bärbel mit der Journalistin Judith Benhamou-Huet, dieser Zicke, die Merkantilisierung der Kunst diskutieren. Bärbel fand das Gezeter über die Kommerz-Kunst des Börsenmaklers Jeff Koons genauso kleinkariert wie alle, die sich jetzt die Hände rieben, weil die Party angeblich vorbei war und der Künstler endlich arbeiten gehen musste. Vor der neuen Ernsthaftigkeit graute ihr schon.

Benhamou-Huet quasselte von Kunst als Medienstrategie, von den Anfängen bei Duchamp und Warhol, und verteidigte die großen Sammler. Die Künstlerin Aude de Kerros mit ihrem wurstigen Haartuch und dem Samtjäckchen (war das etwa ein Peace-Button am Revers?), hielt dagegen. Und die sehr seriös wirkende Kunsthistorikerin Anne-Marie Bonnet hatte Not, die Ankaufpolitik der Deutschen Bank zu erklären. Die bildhübsche Pariser Szene-Galeristin Magda Danysz wirkte zwischen den drei Pomeranzen (Bärbel nahm sich da aus) wie ein frisch geschlüpfter Schmetterling. Ihre Beiträge waren leider bedeutungslos, aber ihre Augen hatten so einen Glanz. Solange die junge Kunst solche Agenten hat, dachte Bärbel, können wir eigentlich ganz beruhigt sein. SASCHA JOSUWEIT