Serbiens Opposition macht das Rennen

Erfolg für die nationalistische Radikale Partei und die prowestliche Demokratische Partei bei Kommunalwahlen

BELGRAD taz ■ Über eines sind sich Analytiker in Serbien nach den Kommunalwahlen einig: Auf politische Stabilität wird man noch lange warten müssen. Die Stichwahl am Sonntag hat die Niederlage von Parteien der regierenden Koalition bestätigt und die Legitimität der serbischen Minderheitsregierung in Frage gestellt. Das Rennen haben zwei Oppositionsparteien gemacht: Die prowestliche Demokratische Partei (DS) und die ultranationalistische Serbische Radikale Partei (SRS), deren Vorsitzendem Vojislav Šešelj vor dem UNO-Tribunal in Den Haag der Prozess wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ in Kroatien, Bosnien und der Vojvodina gemacht wird.

In der Hauptstadt der multiethnischen nordserbischen Provinz Vojvodina, Novi Sad, wurde die SRS-Kandidatin Maja Gojković zur Oberbürgermeisterin gewählt. Den Sieg der serbischen Nationalistin bezeichneten Einwohner von Novi Sad, die ungarischer oder kroatischer Herkunft sind, als „böses Vorzeichen“. Demgegenüber erklärte SRS-Chef Tomislav Nikolić, die Botschaft dieser Wahlen sei unmissverständlich. Alle hätten sich gegen die Radikalen vereinigt – vergeblich. Die Zukunft gehöre der Serbischen Radikalen Partei.

Die DS siegte in Belgrad und 23 anderen Gemeinden. Nach der Ermordung ihres Chefs und Premiers Zoran Djindjić im Vorjahr und vernichtenden Ergebnissen bei vorgezogenen Parlamentswahlen im vergangenen Dezember, etabliert sich die DS wieder als führende Kraft im sprichwörtlich zerstrittenen demokratischen Lager. Ein Comeback feierten auch die tot geglaubten Milošević-Sozialisten. Kandidaten der „Sozialistischen Partei Serbiens“ (SPS) triumphierten in 19 Gemeinden.

Zwar scheinen die Tage der serbischen Regierung gezählt, dennoch reißen sich die Oppositionsparteien nicht gerade um die Macht: Die Privatisierung kommt nicht voran, Preise und Arbeitslosigkeit steigen, der Lebensstandard sinkt, neue Arbeitsplätze werden nicht geschaffen, die ausländische Finanzhilfe wird immer geringer.

Obwohl die USA die finanzielle Unterstützung Serbiens an eine Zusammenarbeit Belgrads mit dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen und eine Teilnahme der Serben an den Parlamentswahlen im Kosovo am 23. Oktober knüpfen, hat die serbische Regierung mutmaßliche serbische Kriegsverbrecher dem Tribunal nicht ausgeliefert und die Kosovo-Serben zum Wahlboykott aufgerufen. Die Voraussetzungen für die Teilnahme der Serben seien nicht gegeben, erklärte Premier Vojislav Koštunica. Die UN-Verwaltung im Kosovo hätte „keine institutionellen Garantien für die Sicherheit der Serben und ihre Bewegungsfreiheit“ geben können. Die serbisch-orthodoxe Kirche stellte sich hinter den Premier und rief alle Serben zur „Einigkeit“ in der Kosovo-Frage auf. ANDREJ IVANJI