BUSH NIMMT DIE SORGEN ASIENS NICHT WAHR – GESCHWEIGE DENN ERNST
: Reisen bildet nicht unbedingt

Die Asienreise des US-Präsidenten George W. Bush ist zu Ende. Es geschieht nicht alle Tage, dass dieser Präsident irgendwo anders hin reist als auf seine Ranch in Texas oder zum Vorwahlkampf in andere US-Bundesstaaten. Wenn er es doch tut, dann um Verbündete zu streicheln und symbolisch Einfluss geltend zu machen. Das war bei Bushs Afrikareise so, bei der er mehr Zeit im Flugzeug und bei polittouristischen Terminen verbrachte als im politischen Gespräch mit den jeweiligen Regierungen. Und das war auch bei seiner Asienreise in dieser Woche so: Bush hatte kaum Neues anzubieten, keine seiner Reden zeugte davon, dass die US-Regierung die Sorgen und Bedürfnisse der Region auch nur wahr-, geschweige denn ernst nimmt.

Stattdessen folgte die Reise dem Muster der trotz aller Fehlschläge in Irak und Afghanistan ungebrochenen Außenpolitik Washingtons: Da werden die eigentlich nur an Handelsfragen interessierten Minister und Regierungschefs der Apec-Konferenz dazu verdonnert, sich stundenlang mit dem Krieg gegen den Terror zu beschäftigen und halbherzig Entschlossenheit zu demonstrieren. Da werden Bonbons in Form von Militär-, Entwicklungs- und Wirtschaftshilfe an treue Irakkriegsbefürworter verteilt, während wütende Demonstranten Bushs Politik geißeln. Die US-Regierung weiß, dass sie nicht gemocht wird – und macht weiter wie gehabt.

Bedeutsamster Teil der Bush-Reise war die Ankündigung, Nordkorea ein bisschen entgegenzukommen – aber dafür hätte er auch in Washington bleiben können. In Indonesien bemühte sich Bush, die Muslime nicht zu beleidigen: Zwar wolle die US-Regierung 157 Millionen US-Dollar für Bildungsmaßnahmen ausgeben, damit sich die jungen Leute nicht radikal-islamistischen Gruppen anschlössen – aber an sich sei der Islam ja gar nicht so. Diese kleinen Ungeschicklichkeiten, gepaart mit der großen, von niemandem geteilten Vision des zukünftig nach US-Intervention demokratisierten Nahen Ostens und dem Hintergrund des harten ökonomischen Egoismus, lassen die Strahlkraft der USA verblassen. Die Wirkung des Präsidenten beruht auf seiner Macht. Überzeugen kann er niemanden. BERND PICKERT