Kommentar: Montagswut kühlt ab
: Demonstranten auf die Couch

Aufhören, wenn‘s am schönsten ist. Im Vergleich zum August wollten am Montag nur noch ein Viertel so viele Menschen in NRW den Sozialabbau beklagen, in einigen Städten waren es nur ein paar Dutzend. Die zahlreichen MontagsaktivistInnen sollten es sich schnell wieder auf dem Sofa bequem machen – sie haben es sich verdient. Bevor die schrumpfenden Grüppchen noch kleiner werden, sollten die nächsten Demos gestoppt und die Erfolge gefeiert werden.

Denn angesichts der schwächeren Mobilisierung droht vergessen zu werden, was die Aktiven erreicht haben: Die Arbeitsmarktgesetze wurden aus dem Parlament hinaus auf die Straße getragen, Hartz IV wurde zum running word, Spiegel und Stern widmeten dem Kürzungsprojekt Titelgeschichten, sogar die Auslandspresse berichtete über die wöchentlichen Straßenzüge. Was folgte, ist eine Aufklärungskampagne, die Grünen wollen Hartz IV nach einer Anlaufphase noch einmal überprüfen, in der CDU wächst der Widerstand gegen noch drastischere Kürzungsphantasien der Parteiführung.

Das sind in den Augen der wütenden MarschiererInnen vielleicht winzige Schönheitskorrekturen am hässlichen Ungetüm Hartz IV. Ohne den Aufschrei der Bevölkerung hätte die Reform jedoch nie auf dem OP-Tisch gelegen. ANNIKA JOERES